Irak UNESCO warnt vor Zerstörung wertvoller Kulturstätten

Im Irak bedrohen die Bombenangriffe der Amerikaner auch wertvolle archäologische Funde.

Die UN-Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) hat darauf aufmerksam gemacht, dass die Bombenangriffe der Briten und Amerikaner auch kulturhistorische Stätten im Zweistromland in Mitleidenschaft ziehen. "Der heutige Irak gilt als Wiege der modernen Zivilisation", erklärt Mounir Bouchenaki, Vizegeneraldirektor für Kultur der UNESCO in Paris, und fügt hinzu: "Im fünften Jahrtausend vor Christus entstanden im Land zwischen Euphrat und Tigris erste Siedlungen. Und auch die ersten bekannten Gesetzestexte stammen aus Mesopotamien."

Biblische Kostbarkeiten

Im Norden von Bagdad liegen die Stadt Samarra mit dem berühmten Spiralminarett und das sagenumwobene Ninive mit seinen Palastbauten, im Süden die Garnisonsstadt Wasit und die sumerische Königsstadt Ur, der biblischen Überlieferung zufolge der Geburtsort Abrahams. In der Region befindet sich auch die ehemalige Königs- und Hauptstadt Babylon. Vom legendären Turm zu Babel ist nur noch das Fundament erhalten, und das zweite Weltwunder der Stadt, die hängenden Gärten der Semiramis, sind gänzlich verschwunden. Die irakische Regierung hat jedoch den Palast des neubabylonischen Königs Nebukadnezar (605- 562 v.Chr.) mit großem Aufwand wieder aufgebaut.

"Die Bombardierungen bedrohen besonders die Gebäude in Bagdad. Selbst wenn die Bomben nicht die Bauten direkt treffen, können die Druckwellen verheerende Auswirkungen haben", sagt Bouchenaki. Das Nationalmuseum in der Hauptstadt beherbergt Kunstobjekte aus 15 Jahrhunderten.

UNESCO befürchtet Plünderungen

Die UNESCO, die für den Schutz des Weltkulturerbes kämpft, arbeitet in erster Linie präventiv und finanziert Restaurierungen. "Wir haben während der diplomatischen Krisenzeit die UN informiert", sagt Bouchenaki. Generalsekretär Kofi Annan sei auf die gefährdeten Schätze hingewiesen worden. "Den USA liegt eine Liste mit den Stätten vor, und man hat uns versichert, die Soldaten zu instruieren."

Ein weiteres Problem seien die Plünderungen. "Im Golfkrieg 1991 wurden Unmengen von Kunstobjekten aus regionalen Museen gestohlen." Auch hier habe die UNESCO nur begrenzt helfen können, indem sie den internationalen Museumsrat, Interpol und Kunsthändler um Mithilfe im Kampf gegen den Handel mit gestohlenem Kulturerbe gebeten habe.

In der UNESCO-Liste für Weltkulturerbe findet sich nur ein irakische Eintrag: die Partherstadt Hatra im Nordwesten des Landes. Erst zweimal hat das irakische Kulturministerium die notwendigen Anträge gestellt. 1985 für Hatra und 2000, als sieben neue Vorschläge eingereicht wurden. Dazu gehören Ur, das Wüstenschloss Ukhaidhir und Ninive. "Vor kurzem kam die Bitte, Assur per Eilverfahren einzutragen, da der Bau eines Staudammes die Stadt am Tigris bedroht", sagt Bouchenaki. Assur war die erste Hauptstadt der Assyrer, die seit dem zweiten Jahrtausend vor Christus befestigt ist. Über den Antrag will die UNESCO noch in diesem Jahr entscheiden.

Der Generaldirektor der UNESCO, Koichiro Matsuura, hat bereits zugesichert, nach dem Krieg alle Kräfte für den Wiederaufbau beschädigter Kulturgüter zu mobilisieren.