Die SPD hat sich in der Debatte über den Umgang mit dem Iran von Bundeskanzlerin Angela Merkel distanziert. Parteivize Kurt Beck erklärte am Montag vor einer Sitzung des SPD-Präsidiums: "Das eine oder andere, was die Bundeskanzlerin gesagt hat, war zumindest missverständlich." Er hoffe, dass es keinen Unterschied zwischen Union und SPD in dieser Frage gebe. Es bestehe weiterhin eine Chance möglich, den Streit um das Atomprogramm des Irans auf dem Verhandlungsweg zu lösen. "Die muss genutzt werden, alles andere dreht die Eskalationsschraube nach oben."
Merkel hatte mit Blick auf das Atomprogramm und antisemitische Aussagen des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad eine Parallele zwischen dem Iran und Nazi-Deutschland gezogen. SPD-Politiker hatten daraufhin kritisiert, diese Formulierung schließe einen Militäreinsatz nicht aus, den die Sozialdemokraten kategorisch ablehnten. In der Union war die SPD-Kritik als Taktik für die Landtagswahlen im März zurückgewiesen worden. Merkel regagierte sogleich auf die Kritik. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm stellte in Berlin klar, dass die Kanzlerin stets für eine Beilegung des Streits auf diplomatischem Wege eingetreten sei.
Steinmeier stützt Merkel
Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat den Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Iran-Politik gegen Kritik aus seiner eigenen Partei verteidigt. Merkel habe mit ihren Äußerungen auf der Sicherheitskonferenz in München nicht eine militärische Option vorbereiten wollen, sagte Steinmeier im ZDF. "Frau Merkel sieht - wie ich - den Weg über diplomatische Lösungen, über Verhandlungen, die wir engagiert weitergehen wollen." Merkel und US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatten die Weltgemeinschaft bei der Konferenz vor gut einer Woche aufgerufen, Iran am Bau von Atomwaffen zu hindern.
"Wir sind im Augenblick in einer Sackgasse mit den Verhandlungen."
Zur Frage nach einem Militäreinsatz in Iran, der etwa von der US- Regierung nicht ausgeschlossen wird, sagte Steinmeier: "Wir sollten jetzt nicht Fragen beantworten wollen, die sich nicht stellen." Er räumte zugleich ein: "Wir sind im Augenblick in einer Sackgasse mit den Verhandlungen."
Hans-Ulrich Klose (SPD), stellvertretender Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, schloss eine militärische Option ausdrücklich nicht aus. Er sagte der "Bild"-Zeitung: "Ich halte eine militärische Lösung nicht für wünschenswert. Aber es ist richtig, keine Option vom Tisch zu nehmen." Der SPD- Verteidigungsexperte Rainer Arnold betonte in dem Blatt: "Man sollte nicht jetzt schon alles bis zu Ende durchspielen, aber man sollte auch nicht sagen, was man nicht tun würde."
Kritik an Merkels Kurs
Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende, Niedersachsens Ministerpräsident Christan Wulff wies in der "Bild"-Zeitung Kritik aus der SPD an Merkels Kurs zurück: "Streit in der Außenpolitik spielt anderen Nationen in die Hände und muss vermieden werden. Nur die klare Merkel-Linie verhindert, dass der iranische Präsident weiter Druck macht." Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU im Bundestag, Wolfgang Bosbach (CDU), betonte: "Wir müssen auf Verhandlungen und Diplomatie setzen, dürfen aber keine Möglichkeit ausschließen - auch nicht die militärische."
In der SPD war am Wochenende die Kritik am Iran-Kurs von Merkel gewachsen. "Militärische Optionen gehören vom Tisch", sagte SPD-Chef Matthias Platzeck der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Dialogbereitschaft ist, auch wenn sie schwerfällt, das einzige vernünftige Mittel." Mehrere SPD-Politiker kritisierten die von Merkel gezogene Parallele zwischen Nazi-Deutschland und Iran und warnten vor einer Sackgasse, die nur noch militärisches Eingreifen zulasse.
In der Union wurde verstimmt auf die SPD-Kritik an Merkel reagiert. Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Eckart von Klaeden (CDU), sprach in der "Passauer Neuen Presse" von einer "völlig verfehlten" Reaktion. "Jetzt kommt es darauf an, die Geschlossenheit der internationalen Gemeinschaft zu wahren." Er begrüßte den Aufbau einer Drohkulisse: "Es muss auch zur Strategie der internationalen Gemeinschaft gehören, den Iran über die Folgen unkooperativen Verhaltens in einem gewissen Maße im Unklaren zu lassen." Der iranischen Führung müsse klar gemacht werden, dass "eine Rückkehr an den Verhandlungstisch und der Verzicht auf eigene Atomwaffen in ihrem eigenen Interesse ist".