Ein Krieg gegen Iran ist in den USA schon lange im Gespräch. Präsident Bill Clinton ließ in den 90er Jahren laut Ex-Sicherheitsberater Richard Clarke prüfen, ob ein Krieg gegen das Mullah-Regime machbar sei. Iran gilt seit der Geiselnahme in der US-Botschaft in Teheran 1980 als Erzfeind. Inzwischen betrachten die USA Iran wegen der nuklearen Anstrengungen Teherans als weiter wachsende Gefahr für den Weltfrieden.
"Fenster schließt sich 2005",
Aber die Zeit läuft laut Militärexperten von der so genannten US-Denkfabrik Global Securitiy.org ab. "Das Fenster, Iran militärisch zu entwaffnen, schließt sich 2005", so das Institut. Dann könnte Iran schon die Weichen hin zur Produktion von Atomwaffen gestellt haben. Deshalb droht der US-Regierung eine Zwickmühle - gleichgültig, ob bei der Wahl am 2. November US-Präsident George W. Bush oder der Demokrat John Kerry gewinnt.
Kaum jemand in Washington bestreitet, dass der Irak-Krieg den Handlungsspielraum der USA deutlich eingeschränkt hat. "Das Debakel im Irak hat die Fähigkeiten der Führungsmächte gelähmt, gefährliche Staaten im Zaum zu halten", kommentierte bitter die "New York Times".
Aber die Ungeduld in Washington wächst. Republikanische Senatoren wie John Kyl beschuldigen die Europäer, in ihrem Bemühen um Iran kläglich gescheitert zu sein. Zudem suchten die Europäer aus eigenen wirtschaftlichen Interessen wachsweiche Abkommen mit gefährlichen Staaten wie derzeit Iran. Auch Außenministeriumssprecher Richard Boucher reagiert auf die europäischen Bemühungen zunehmend unwirsch: "Die Geschichte lehrt uns, dass die Antwort (Teherans) nein sein wird", meinte er pessimistisch. Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice hatte gedroht, entweder "lenkt Iran ein oder Iran wird isoliert". Und Kerry hatte finster gemeint: "Wir müssen hart werden gegen Iran, und wir werden hart sein!"
Die Macht der Ajatollahs
Die Neokonservativen in der Bush-Regierung fordern schon lange eine harte Hand gegen Iran, das Terroristen unterstütze, eine tödliche Bedrohung für Israel darstelle und Zentrum des radikalen, aggressiven Islamismus sei. Für Bush aber hatte der Krieg gegen den Irak Priorität - damit aber sind nicht nur militärische Kapazitäten gebunden. Die Ajatollahs in Teheran haben es dank ihres Einflusses auf die schiitischen Glaubensbrüder im Irak auch in der Hand, die Rebellion gegen die Besatzer zu schüren.
Ein Krieg gegen Iran gilt militärisch und politisch als äußerst problematisch. Das Engagement der Amerikaner in Afghanistan und dem Irak bindet Streitkräfte und Waffen. Für eine Besetzung Irans benötigte Washington laut Militärexperten mindestens drei Mal so viele Soldaten wie im Irak. Zudem wäre es höchst fragwürdig, ob sich überhaupt Verbündete finden ließen.
Auch ein in Washington offen diskutierter Militärschlag Israels gegen die Nuklearanlagen in Iran wäre längst nicht so wirkungsvoll wie 1981, als die Israelis im Irak Atomanlagen zerbombten: Die nuklearen Einrichtungen in Iran sind US-Spezialisten zufolge nicht an einem Ort konzentriert, die Standorte nicht alle bekannt und nicht so leicht zugänglich wie die Wüstenprojekte Saddam Husseins - und sie sind in Iran mit Abwehrraketen sehr viel besser geschützt.
Skepsis und Hoffnung
Alles wartet nun auf die US-Wahl. Europäische Diplomaten in Washington spekulieren, dass Teheran im optimalen Fall vielleicht nur einen höheren Preis für den Verzicht auf Nuklearwaffen erzielen möchte. Sonst werde es den Versuch geben, Teheran mit UN-Sanktionen unter Druck zu setzen. Allerdings dominiert in Washington die Skepsis. Möglicherweise hoffe Teheran auch darauf, dass "der Westen nicht den Mut oder die Geschlossenheit aufbringt, gegen eine Nuklearbewaffnung vorzugehen", so die "New York Times". Dies sei angesichts des Irak-Krieges nicht einmal unrealistisch.