Liebe Leserin, lieber Leser,
ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Aber ich habe wirklich genug von diesem Vokabular des Schreckens. Heute die nächsten "Eskalation", morgen das übernächste "beispiellose", ach was, "historische Ereignis". Aber die geben sich dieser Tage nun einmal die Klinke in die Hand – und niemand kann abschließen.
Wenn Sie diese Zeilen lesen, hat Israel längst den Fall der Fälle eingeläutet, die "Operation aufstrebender Löwe". Was seit Wochen befürchtet und offenbar akribisch vorbereitet wurde, ist damit tatsächlich geschehen: Israel hat den Iran angegriffen. Dutzende Luftangriffe will das Militär gegen iranische Atom- und Militäreinrichtungen geflogen haben. In Teheran sagen sie, der übermächtige Kommandant der Revolutionsgarde, Hussein Salami, sei dabei umgekommen.
Nun bereitet sich Israel auf die Vergeltung vor. Und die wird kommen. Ganz sicher.
Wir halten Sie über die aktuellen Entwicklungen in unserem Liveblog auf dem Laufenden:
Kurzer Stimmungskill für Trump
Immerhin eine gute Nachricht habe ich für Sie. Naja, dachte ich. Erst hieß es: Donald Trumps Einsatz der Nationalgarde in Los Angeles war illegal. Surprise! Der zuständige Richter hatte den US-Präsidenten angewiesen, die Kontrolle über die Miliz "unverzüglich" an den Bundesstaat Kalifornien und damit an dessen Gouverneur zurückzugeben. Die Genugtuung im Hause Newsom hielt nicht lange: Wenig später kippte ein Berufungsgericht das Urteil und gab Trump die Kontrolle zurück. 'Murica...
Trotzdem ein ziemlicher Stimmungskiller fürs Weiße Haus. Wer weiß, wie lange das Urteil diesmal hält. Dabei hatte sich Trump, der morgen seinen 79. Geburtstag feiert (der praktischerweise auf eine Militärparade fällt), das Schicksal seines demokratischen Widersachers vermutlich eher so ausgemalt:
Ok, die Szene bedarf einer Erklärung. Der Herr, der hier so fachmännisch mundtot gemacht wird, heißt Alex Padilla. Der hatte Trumps Heimatschutzministerin Kristi Noem eigentlich nur ein paar sehr ehrliche, also unbequeme Fragen zur Abschiebepolitik ihres Bosses stellen wollen. Nur wusste die (angeblich) nicht, dass Padilla nicht irgendein dreister Mexikaner, sondern kalifornischer Senator und direkte Nachbesetzung für eine gewisse Kamala Harris ist. Unangenehm.
Den Elfmeter, der sich ihm da präsentierte, den verwandelte Padilla anschließend bravourös: "Wenn das die Art und Weise ist, wie diese Regierung mit der Frage eines Senators umgeht [...] kann man sich nur vorstellen, was sie den Landarbeitern, den Köchen, den Tagelöhnern in der gesamten LA-Gemeinschaft, in ganz Kalifornien und im ganzen Land antun". Traumtor.
Aber so glauben Sie doch!
Auch auf die Gefahr hin, dass das Ihnen hier zu privat wird: Mit welchem Fuß sind Sie eben aufgestanden? Doch hoffentlich mit dem rechten zuerst? Haben Sie denn wenigstens schon auf Holz geklopft? Und hoffentlich hat Ihnen noch keine schwarze Katze die Vorfahrt genommen?
Selbst wenn: Ich fürchte, heute hilft das alles nichts. Auch, wenn Sie es ob der Nachrichtenlage vermutlich schon geahnt haben: Schauen Sie mal auf den Kalender, es ist Freitag, der 13. Dass der so einen miesen Ruf hat, verdankt er unter anderem seinem Vorgänger, der 12. Die gilt im Christentum als "vollkommen". Das ist allerdings nicht der einzige krude Grund:
Jetzt erzählen Sie mir nicht, Sie seien Aber-Ungläubiger. Gut, das glauben die meisten von sich. Aber: Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov gab 2021 immerhin fast ein Drittel aller Deutschen zu, zumindest hin und wieder abergläubisch zu sein. Frauen übrigens deutlich öfter als Männer.
Ich bin da nicht besser. Obwohl ich mich für eine durchaus rationale Type halte, juckt es mir im Hinterkopf, wenn jemand Besteck überkreuzt, sich seines Glücks zu sicher ist oder aus einem Hufeisen das Glück heraustropft.
Dabei ist das Ganze Unglücksgeschwafel natürlich Quatsch. Statistisch gesehen geschehen an einem Freitag, den 13. nicht mehr Unfälle als sonst. Klopf. Klopf. Klopf.
Arbeitswut vor Ferienbeginn
In Berlin lechzen sie vermutlich auch nach dem Sommerloch. Doch statt auf den letzten Metern vor Ferienbeginn den Fernsehwagen reinzurollen, machen sich die da oben auch noch gegenseitig das Arbeitsleben schwer.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann drängt auf eine grundlegende Reform des Bürgergeldes, SPD-Arbeitsministerin Bärbel Bas steht deswegen gehörig unter Druck. Sie muss liefern, steht schließlich so im Koalitionsvertrag. Als wären die Sozialdemokraten nicht schon genug mit sich selbst beschäftigt.
Geht es also schon aus Zeitmangel am Ende eher um Korrekturen als um Reformen? Darüber diskutieren meine Kollegen im neuen "5-Minuten-Talk":
Was heute sonst noch ansteht
- Heute beginnt ein besonders unschöner Prozess. Vor Gericht steht ein Jugendlicher, der sich wegen versuchten Mordes verantworten muss – er soll einem zwölfjährigen Freund in den Kopf geschossen haben. Der überlebte zwar, ist jedoch erblindet
- Außenminister Johann Wadephul soll heute zu seinem Antrittsbesuch nach Ägypten. Falls die Reisepläne angesichts der Lage im Nachbarland noch überhaupt noch stehen, dürfte der Fokus zumindest klar sein
- Weil Sie morgen nichts von mir hören, sage ich es Ihnen jetzt schonmal: Morgen ist Weltblutspendetag. Geben Sie sich doch einen Ruck und helfen Sie mit. Besonders im Sommer sind die Konserven nämlich knapp
Die fernöstliche Weisheit des Tages
Ich finde es nur fair, dass Sie jetzt endlich genauso schwitzen müssen wie ich. Unfair finde ich allerdings, dass die Koreaner sonnenscheuer sind als ein verkaterter Dracula. Sie wissen schon, Schönheitsideal helle Haut.
Von mir aus mit Sonnenbrand – Hauptsache Biergarten Eden
Das bedeutet für mich: Während Sie nachher die doch recht bescheidene Weltlage im Biergarten Ihres Vertrauens vergessen, wandere ich vermutlich noch auf der Suche nach einer einem nicht zu sonnigen Plätzchen durchs feucht-heiße, betonverkleidete Seoul. Außengastro, das ist hier was für Selbstvergessene.
Aber es hilft ja heute alles nichts. Dann proste ich eben im Schatten.
Ich wünsche Ihnen trotz allem einen großartigen Tag und ein grandioses Wochenende. In diesem Sinne: Geonbae!
Ihr
Yannik Schüller