Zehn Jahre nach Ende seiner ersten Amtszeit ist Benjamin Netanjahu erneut als Ministerpräsident Israels vereidigt worden. Bei einer Abstimmung votierten am Dienstag in Jerusalem 69 von 120 Abgeordneten für die neue Regierung. 45 Abgeordnete stimmten dagegen. Fünf Abgeordnete der sozialdemokratischen Arbeitspartei verweigerten aus Protest gegen den Beitritt ihrer Partei zu einem rechten Regierungsbündnis ihre Unterstützung. Darüber hinaus nahm der arabische Abgeordnete Ahmed Tibni nicht an der Abstimmung teil.
Netanjahu hatte zuvor seinen Willen bekundet, den Friedensprozess mit den Palästinensern fortzusetzen und einen umfassenden Frieden mit allen arabischen Nachbarn zu erreichen. In seiner Regierungserklärung kündigte der Vorsitzende des rechtsgerichteten Likud an, er wolle die Verhandlungen mit der palästinensischen Autonomiebehörde über eine endgültige Friedenslösung weiterführen. Zu einer Zwei- Staaten-Lösung, wie sie von der US-Regierung und der Europäischen Union unterstützt wird, bekannte er sich aber nicht.
"Kein anderes Volk beherrschen"
"Wir wollen kein anderes Volk beherrschen", sagte Netanjahu. "Ich sage der Palästinenserführung: Wenn Ihr wirklich Frieden wollt, dann können wir einen Frieden erreichen." Netanjahu forderte die Palästinenser in diesem Zusammenhang auf, stärker gegen den Terror vorzugehen.
Die Palästinenserführung hat mit Enttäuschung und Kritik auf die Regierungserklärung Netanjahus reagiert. "Was wir von Netanjahu gehört haben, ist nur ein Mehr an Prozess ohne ein klar definiertes Endziel", heißt es in einer Erklärung des palästinensischen Chefunterhändlers Saeb Erekat vom Dienstag. "Wir hatten gehofft, von Netanjahu eine klare Verpflichtung zu einer Zwei- Staaten Lösung sowie zu Verhandlungen über alle Kernfragen des Konflikts zu hören", heißt es weiter. "Netanjahu hatte die Gelegenheit, die Vorbereitungen für wirkliche Verhandlungen zu treffen, um den Konflikt zu beenden und zu demonstrieren, dass er wirklich ein Friedenspartner ist. Er hat diese Gelegenheit verpasst", sagte Erekat.
Ein rechter Koalitionspartner drohte während der Aussprache bereits mit Neuwahlen, falls Netanjahu in den Friedensgesprächen mit den Palästinensern über eine Teilung Jerusalems verhandeln sollte. Die Palästinenser wollen im besetzten arabischen Ostteil die Hauptstadt eines unabhängigen Palästinenserstaates ausrufen.
Mussa: Schwierig, von Friedensprozess zu reden
Die Äußerungen Netanjahus stießen auch auf Skepsis beim Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa. Es sei schwierig, überhaupt noch von einem Friedensprozess zu sprechen, sagte Mussa der Deutschen Presse-Agentur (DPA). Dieser sei eine große Illusion. Nach den Worten Mussas können Verhandlungen auch nicht unbegrenzt dauern.
In der hitzigen und von vielen Protesten und Zwischenrufen unterbrochenen Parlamentssitzung bezeichnete Netanjahu den Iran als größte existenzielle Bedrohung für Israel. "Wir werden niemandem erlauben, unsere Existenz infrage zu stellen", sagte er. Netanjahu warf der internationalen Gemeinschaft vor, sich nicht entschlossen genug gegen das Regime in Teheran einzusetzen. Das sei ein Armutszeugnis angesichts der Erfahrungen mit dem Holocaust.
Die neue Oppositionsführerin und ehemalige Außenministerin Zipi Livni warf dem neuen Regierungschef vor, zu einem überzogenen Preis eine Regierung gekauft zu haben. Dies sei besonders schlimm angesichts der schweren Finanzkrise, sagte die Vorsitzende der in der politischen Mitte angesiedelten Kadima-Partei. Sie wünsche sich, dass Netanjahu politische Fortschritte mit den Palästinensern initiieren werde anstatt sich dort hinzerren zu lassen, sagte Livni.
Olmert: Friedensprozess sichert internationale Unterstützung
Der scheidende Ministerpräsident Ehud Olmert gab seinem Nachfolger Netanjahu mit auf den Weg, dass nur die Fortsetzung des Friedensprozesses die internationale Unterstützung gewährleisten könne. Eine Regierung, die nach Frieden strebe, werde auf offene Ohren stoßen, sagte Olmert.
Bei der Parlamentswahl am 10. Februar hatte es einen deutlichen Rechtsruck in Israel gegeben. Deshalb wurde Netanjahu mit der Regierungsbildung beauftragt, obwohl sein Likud mit 27 Sitzen nur zweitstärkste Kraft im Parlament wurde. Livnis Kadima-Partei stellt mit 28 Mandaten die größte Fraktion, fand aber für eine Regierungsbildung nicht genügend Unterstützung bei anderen Parteien.
Dem größten Kabinett in der israelischen Geschichte gehören insgesamt 38 Minister und stellvertretende Minister aus fünf Parteien an. Die Regierungskoalition aus rechten, streng religiösen, siedlerfreundlichen sowie der sozialdemokratischen Arbeitspartei hat eine Mehrheit von 69 der 120 in der Knesset. Neuer Außenminister wird der in Israel und im Ausland umstrittene Avigdor Lieberman von der ultra-nationalen Partei Israel Beitenu (Unser Haus Israel). Verteidigungsminister bleibt Ehud Barak von der Arbeitspartei. Für Sitzungen der Regierung musste extra ein neuer Koalitionstisch angeschafft werden.