Jagd auf Schachgenie Japaner lassen Fischer laufen

Bobby Fischer war ein Nationalheld. Im Kalten Krieg sorgte er für einen der spektakulärsten Siege der USA gegen die Sowjetunion - im Schach. Seit Jahren wird Fischer jedoch von Washington gejagt. Nun ist er wieder entwischt.

Das Schachgenie Bobby Fischer ist nach monatelanger Auslieferungshaft in Japan frei gelassen worden. Wie seine Unterstützer am Donnerstag mitteilten, verließ der 62-Jährige am Morgen die Haftanstalt und fuhr direkt zum Tokioter Flughafen, wo er ein Flugzeug nach Island bestieg. Die USA hatten noch am Vortag von Japan die Auslieferung des Ex-Weltmeisters verlangt. Fischer ist angeklagt, gegen Sanktionen verstoßen zu haben, weil er während der Kriege im ehemaligen Jugoslawien dort spielte und Prämien erhielt.

Held des Kalten Krieges

Bobby Fischer hatte 1972 in der isländischen Hauptstadt Reykjavik einen legendären Kampf um die Schach-WM gegen Boris Spasski aus der damaligen Sowjetunion gewonnen. Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges wurde er in den USA als Held gefeiert. 1992 spielte er im ehemaligen Jugoslawien erneut gegen seinen alten Rivalen Spasski. Die USA werfen ihm seither vor, damit gegen ein Embargo gegen das Regime von Slobodan Milosevic verstoßen zu haben. "Es gibt Anklagen gegen Fischer, denen er sich in den USA stellen sollte", sagte ein US- Außenamtssprecher noch am Mittwoch.

Isländer bürgern Fischer ein

Kürzlich hatte jedoch das isländische Parlament dem umstrittenen Großmeister die Staatsbürgerschaft des Inselstaates zuerkannt. Die als "humanitäre Maßnahme" bezeichnete Entscheidung belastete die Beziehungen zwischen USA und Island. Fischer hatte zu seinem 62. Geburtstag am 9. März ein Visum und einen Reisepass der Isländer erhalten. Das war in den Augen der japanischen Behörden jedoch nicht genug gewesen, um ihn ausreisen zu lassen. Mitte Juli vergangenen Jahres war Fischer auf dem Flughafen Tokio festgenommen worden und befand sich seither in Auslieferungshaft. Die amerikanischen und japanischen Behörden beschuldigten ihn, mit einem ungültigem US-Pass gereist zu sein. Fischer, der eine dunkle Baseballkappe trug und sich während der Haft einen langen Vollbart hatte wachsen lassen, sagte am Donnerstag nach seiner Freilassung zu Reportern, die Auslieferungshaft sei kein Arrest gewesen, sondern "Kidnapping".

DPA
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