Donald Trump nennt ihn einen "sehr parteiischen Trump-Hasser": Juan Merchan ist der Richter, der dem Republikaner am Dienstagnachmittag New Yorker Zeit im Bezirksgericht von Manhattan die Anklage verlesen hat und der nach gängiger Praxis auch die Verhandlung leiten wird, wenn Trump wegen seiner Zahlungen an die ehemalige Pornodarstellerin Stormy Daniels vor Gericht steht. Er bekam den Fall aufgrund eines Rotationsverfahrens, nach dem Richter mit der Aufsicht über die Grand Jurys und die daraus resultierenden Verfahren betraut werden.
Für Merchan ist der historische Prozess gegen den ehemaligen US-Präsidenten nicht der erste berufliche Kontakt mit dem Trump-Kosmos. Er hat bereits Trumps engen Vertrauten Allen Weisselberg zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, im Prozess gegen die Trump Organization wegen Steuerbetruges den Hammer geschwungen und das Betrugsverfahren gegen den ehemaligen Trump-Berater Steve Bannon geleitet.
Trump hält Merchan deshalb für voreingenommen und fordert, er "muss ausgewechselt werden". "Der höchst parteiische Richter und seine Familie sind bekannte Trump-Hasser", polterte der Ex-Präsident schon vor der Anklageverlesung auf seinem Twitter-Ersatz Truth Social. "Er war eine unfaire Katastrophe in einem früheren Fall mit Trump-Bezug, wollte sich nicht zurückziehen, gab den Geschworenen schreckliche Anweisungen, und es war unmöglich, während der Hexenjagd mit ihm zu verhandeln."
Merchan ermahnt Trump zu rhetorischer Zurückhaltung
Beim Gerichtstermin am Dienstag forderte Merchan denn auch alle Beteiligten ausdrücklich auf: "Bitte sehen Sie ab von Äußerungen [...], die das Potenzial haben, Gewalt hervorzurufen, Unruhen hervorzurufen [oder] den Staat oder das Wohlergehen von Einzelpersonen zu gefährden." Von Trump verlangte der Richter zudem, sich nicht an Rhetorik zu beteiligen, die "die Rechtsstaatlichkeit gefährdet".
Aber Merchan hat auch genug Erfahrung, um sich durch Trumps Attacken nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Der in Kolumbien Geborene kam im Alter von sechs Jahren in die USA und wuchs in New York City auf. Er war das erste Mitglied seiner Familie, das ein College besuchte, arbeitete sich durch die Schule und machte 1994 an der Hofstra University einen Abschluss in Jura.
Merchan war zunächst Staatsanwalt in Manhattan und arbeitete im Büro des Generalstaatsanwalts, bevor ihn der damalige Bürgermeister Michael Bloomberg 2006 zum Familienrichter am New York County Supreme Court – so nennt der Staat New York das Gericht in Manhattan, obwohl es kein Oberster Gerichtshof ist – ernannte. Seinen jetzigen Posten am Strafgericht hat er seit 2009 inne.
Donald Trump auf der Anklagebank – die Bilder einer historischen Reise

Mit schlagzeilenträchtigen Verhandlungen kennt Merchan sich gut aus. Neben den Prozessen aus dem Trump-Kosmos leitete er zum Beispiel 2013 das aufsehenerregende Verfahren gegen Basejumper, die vom damals noch im Bau befindlichen One World Trade Center gesprungen waren. Merchan veruteilte die Angeklagten zu gemeinnütziger Arbeit und erklärte, sie hätten "die Erinnerung an diejenigen beschmutzt, die am 11. September nicht aus sportlichen Gründen gesprungen waren, sondern weil sie es mussten."
Auch in dem Prozess, der dem Film "Soccer Mom Madam" aus dem Jahr 2021 zugrunde liegt, hatte Merchan den Vorsitz. In dem Fall ging es um eine Vorstadtmutter, die heimlich einen hochklassigen Escort-Service in Manhattan betrieb.
"Echter Zuhörer, gut vorbereitet, immer zugänglich"
Anwälte und Gerichtsvertreter, die Merchan kennen, halten den Richter deshalb für gut geeignet für den Trump-Prozess: "Er ist sehr ruhig und ausgeglichen in seiner Führung des Gerichtssaals", zitiert die US-Nachrichtenseite "Politico" die Strafverteidigerin Stacey Richman.

Und Nicholas Gravante, der den Trump-Vertrauten Weisselberg vor Gericht vertrat, beschreibt Merchan gegenüber der Nachrichtenagentur Associated Press (AP) als "echten Zuhörer, gut vorbereitet, immer zugänglich und ein Mann, der sein Wort hielt". "Er nahm Rücksicht auf die Rolle, die meine Kollegen und ich als Anwälte spielten, und behandelte uns sowohl vor dem Gericht als auch hinter verschlossenen Türen mit größtem Respekt", erinnert sich Gravante.
Noch deutlicher drückt es Frank Rothman aus, der seit 37 Jahren am Strafgericht von Manhattan tätig ist: Merchan "ist ein sehr gründlicher Typ, ausgeglichen", sagt der Verteidiger AP. "Er behandelt die Leute mit Respekt und macht keinen Scheiß."