Fünf Monate nach dem Bruch der ersten Koalition der beiden Partner und drei Monate nach der vorgezogenen Nationalratswahl steht damit endlich die neue Regierung unter dem alten und neuen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) und dem Vizekanzler und FPÖ-Chef Herbert Haupt.
Mindesteinkommen steuerbefreit
Die Regierung kündigte als Erstes eine Steuerreform an. Von Anfang nächsten Jahres an sollen Jahreseinkommen bis zu 14.500 Euro von jeglicher Steuer befreit werden, kündigten Schüssel und Haupt in ihrer ersten gemeinsamen Pressekonferenz am Freitag in Wien an. In weitergehenden Schritten sollen die Bürger steuerlich um insgesamt drei Milliarden Euro entlastet werden.
Schrittweise Abschaffung der Frühpensionierung
Im Gesundheitssektor sollen die bisherigen Eigenanteile in einem einzigen Betrag zusammengefasst werden. Schließlich habe man sich verständigt, die umstrittenen Abfangjäger zu kaufen, berichteten beide Parteivorsitzenden weiter. Im Koalitionsabkommen sei auch vereinbart, dass die FPÖ entgegen ihrer bisherigen Position keine Einwände gegen die Osterweiterung der Europäischen Union erhebt. Ein weiterer Programmpunkt der neuen Regierung sei die schrittweise Abschaffung der Frühpensionierungen.
Nur fünf Mandate in der Mehrzahl
Die Regierung verfügt im Nationalrat über die schwächste Mehrheit einer Koalition seit 1945. Mit 79 ÖVP- und 18 FPÖ-Abgeordneten beträgt ihre Mehrheit im 183-köpfigen Parlament lediglich fünf Mandate. Die FPÖ musste wegen ihres Bedeutungsverlustes bei den letzten Wahlen die Halbierung ihrer Ministerzahl von sechs auf drei hinnehmen. Sozialminister und FPÖ-Chef Herbert Haupt rückte zum Vizekanzler auf, Justizminister Dieter Böhmdorfer bleibt auf seinem Posten. Mit Hubert Gorbach kommt auch der Infrastrukturminister aus der FPÖ.
Die neue österreichische Bundesregierung
Amt | Person | Partei | |
Bundeskanzler | Wolfgang Schüssel | ÖVP | |
Vizekanzler und Minister für Soziales | Herbert Haupt | FPÖ | |
Finanzminister | Karl-Heinz Grasser | parteilos | |
Außenministerin | Benita Ferrero-Waldner | ÖVP | |
Innenminister | Ernst Strasser | ÖVP | |
Verteidigungsminister | Günther Platter | ÖVP | |
Landwirtschaftsminister | Josef Pröll | ÖVP | |
Gesundheitsministerin | Maria Rauch-Kallat | ÖVP | |
Bildungsministerin | Elisabeth Gehrer | ÖVP | |
Wirtschaftsminister | Martin Bartenstein | ÖVP | |
Infrastrukturminister | Hubert Gorbach | FPÖ | |
Justizminister | Dieter Böhmdorfer | FPÖ | |
Staatssekretär für | Infrastruktur | Helmut Kukacka | ÖVP |
Kunst und Medien | Franz Morak | ÖVP | |
Finanzen | Alfred Finz | ÖVP | |
Soziales | Ursula Haubner | FPÖ | |
Sport | Karl Schweizer | FPÖ | |
Gesundheit | Reinhart Waneck | FPÖ |
Neun 'schwarze' Minister
Die ÖVP besetzt von den zwölf wichtigsten Positionen im Kabinett damit neun. Finanzminister Karl-Heinz Grasser, der von der FPÖ im Streit geschieden war, bleibt an der Spitze dieses Ressorts. Auch Außenministerin Benita Ferrero-Waldner, Innenminister Ernst Strasser und Wirtschaftsminister Martin Bartenstein wurden von der ÖVP in ihren Ämtern belassen.
Fulminanter Wahlsieg
Im September war die erste rechtskonservative Regierung nach einem Streit in der FPÖ zerbrochen. Bei der um ein Jahr vorgezogenen Wahl am 24. November hatte die ÖVP einen Triumph gefeiert und war nach Jahrzehnten wieder zur politischen Nummer eins aufgestiegen. Die ehemals gleich starke FPÖ hatte ein Debakel erlebt und zwei Drittel ihrer Wähler verloren. Die traditionell führende SPÖ, die auch stets den Kanzler gestellt hatte, musste auf den Oppositionsbänken Platz nehmen.