Kampf um Basra Rebellion gegen regierungstreue Truppen?

In Basra ist die Lage nach Berichten über einen Aufstand der Bevölkerung gegen Saddam Hussein unklar geblieben. In der Hafenstadt wohnen vornehmlich Schiiten, die sich 1991 gegen das sunnitisch dominierte Regime in Bagdad aufgelehnt hatten.

Britische Truppen haben sich auch am siebenten Kriegstag erbitterte Gefechte mit mehr als 1.000 irakischen Milizionären geliefert. Doch inzwischen kämpfen sie nicht mehr nur um die Kontrolle über die zweitgrößte irakische Stadt, sondern versuchen auch, aufständische Schiiten zu unterstützen, die sich offenbar gegen das irakische Regime erhoben haben.

"Es scheint seit gestern abend einen Aufstand in Basra zu geben", sagte der Sprecher der britischen Truppen bei Basra, Hauptmann Al Lockwood. Einwohner hätten damit begonnen, die Kämpfer anzugreifen, die den Briten Widerstand leisten. "Wir prüfen die Situation sehr genau, um einschätzen zu können, wie wir dies ausnutzen können und wie wir Beistand leisten können." Nach britischen Presseberichten gingen am Dienstagabend mehrere tausend Einwohner auf die Straßen und setzten Häuser in Brand.

Alliierte hofften auf Aufstandsbewegung

Die Allierten haben von Anfang an auf eine Aufstandsbewegung im Süden Iraks gehofft. Die Bevölkerung besteht zum größten Teil aus Schiiten. Diese erhoben sich nach dem Ende des Golfkriegs von 1991 gegen das zumeist von Sunniten gebildete Regime Saddam Husseins. Bei der Niederschlagung des Aufstands wurden im Süden Iraks mehrere tausend Menschen getötet. Der irakische Informationsminister Mohammed el Sahaf dementierte jedoch, dass es erneut einen Aufstand in Basra gebe. "Die Situation ist stabil, der Widerstand dauert an", sagte El Sahaf. Hingegen sprach die Exilorganisation Irakischer Nationalkongress von einer großen Aufstandsbewegung und Straßenkämpfen.

Die irakischen Kräfte beschossen die Aufständischen nach Angaben Lockwoods mit Mörsergranaten. Die britischen Einheiten griffen die Mörserstellungen mit Granaten an. Später warfen sie eine Bombe auf die örtliche Zentrale der regierenden Baath-Partei ab.

Erstmals bombardierten auch amerikanische Kampfflugzeuge des Typs F/A-18 Ziele im Zentrum von Basra. Die Angriffe richteten sich gegen Stellungen, die in Wohnhäusern eingerichtet worden sein sollen.

Zivile Einrichtungen als Schutz

Die Iraker - neben schätzungsweise 1.000 Milizionären leistet offenbar auch eine nicht bekannte Zahl regulärer Soldaten Widerstand - feuern nach Angaben des britischen Offiziers Chris Vernon mit ihrer Artillerie aus dem Zentrum von Basra auf die britischen Einheiten. Der britische Artillerieschütze Neil Hughes sagte, die Iraker benutzten zivile Einrichtungen zu ihrem Schutz.

Zwei britische Soldaten bei Basra wurden irrtümlich von den eigenen Leuten getötet. Ihr Challenger-II-Panzer wurde nach Angaben von Oberst Chris Vernon am Montag abend von einer anderen Panzerbesatzung unter Beschuss genommen.

Die alliierten Truppen hatten bei ihrer Ankunft in den Außenbezirken von Basra am vergangenen Freitag noch gehofft, sie könnten einen Vorstoß ins Stadtzentrum vermeiden. Aber der anhaltende Widerstand der Iraker und die zunehmend kritische Situation der Bevölkerung in der belagerten Stadt haben sie gezwungen, ihre Strategie zu ändern.

"Die humanitäre Lage in Basra ist sehr angespannt"

Versuche von Reportern der Nachrichtenagentur AP, Einwohner in Basra am Telefon zu erreichen, blieben erfolglos. Muin Kassis vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) in Jordanien sagte: "Die humanitäre Lage in Basra ist schwierig und sehr, sehr angespannt." Seit britischen Bombenangriffen vom Freitag ist Basra ohne Stromversorgung. Dadurch fielen auch Pumpstationen und Wasseraufbereitungsanlagen aus. Ein großer Teil der 1,3 Millionen Einwohner hat keinen Zugang mehr zu sauberem Trinkwasser. Daher besteht die Gefahr, dass sie sich mit Cholera oder Durchfallerkrankungen infizieren. Das Kinderhilfswerk UNICEF schätzt, dass bis zu 100.000 Kinder im Alter unter fünf Jahren akut von lebensgefährlichen Krankheiten bedroht sind.

Britische Soldaten verteilten Flugblätter und erklärten auch über Lautsprecher, dass die Bevölkerung außerhalb der Stadt mit Hilfe rechnen könnten. Techniker des Roten Kreuzes konnten am Dienstag das Wasserwerk Wafa el Kaid nördlich von Basra erreichen und die Versorgung zumindest für eine gewisse Zeit mit Notstromgeneratoren wiederaufnehmen.

Basra - die Metropole der Schiiten

Die Stadt Basra ist die wichtigste Metropole im mehrheitlich von schiitischen Moslems bewohnten Südirak. Die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz mit rund 1,3 Millionen Einwohnern liegt am Ufer des Flusses Schatt el Arab, der beim Zusammenfluss von Euphrat und Tigris entsteht. Die Stadt dient dem Irak als wichtigster Seehafen und liegt rund 100 Kilometer vom Persischen Golf entfernt.

Basra erlitt in zwei Golfkriegen und folgenden Auseinandersetzungen zwischen Schiiten und dem irakischen Militär so schwere Schäden, dass die Stadt den Rang als zweitgrößte Stadt einbüßte und nun hinter Bagdad und dem kurdischen Mosul rangiert. Sie beherbergt Ölraffinerien und chemische Industrie. Durch alliierte Luftangriffe im Golfkrieg von 1991 wurden viele Produktionsstätten, Hafenanlagen, Straßen sowie die Strom- und Wasserversorgung zerstört. Die Schäden sind noch immer nicht vollständig behoben. Basra bildet auch das Zentrum der landwirtschaftlich geprägten Region, deren Bauern vor allem Datteln, Getreide, Reis und Hirse anpflanzen.

Gegründet wurde Basra im 7. Jahrhundert als arabischer Militärstützpunkt und Handelsplatz. Ungeachtet des Wüstenklimas und der schwierigen Wasserversorgung wurde die Stadt schon bald ein blühendes Zentrum der arabischen Kultur, Wissenschaft und des Handels. Zahlreiche Baudenkmäler zeugen noch heute davon.

Doug Mellgren