Kirgisien Altes Parlament löst sich auf

In Kirgisien ist der Machtwechsel jetzt offiziell: Ober- und Unterhaus des alten Parlaments legten die Arbeit nieder und wollen sich auflösen. Der bisherige Oppositionsführer Kurmanbek Bakijew wurde als Regierungschef bestätigt - übergangsweise.

In Kirgisien hat das Oberhaus des alten Parlaments am Dienstag seine Auflösung angekündigt. Zuvor hatte bereits das Unterhaus die Arbeit niedergelegt und auf diesen Schritt mit dem Interesse an stabilen Verhältnissen begründet. Dies stärkt die Legitimität des neuen Parlaments, das am Montag die Ernennung von Kurmanbek Bakijew zum Ministerpräsidenten bestätigt hatte. Im Gegenzug erklärte Bakijew das neu gewählte Parlament für legitimiert. Nach tagelangen, teils gewalttätigen Protesten, hatte die Opposition am vergangenen Donnerstag die Macht in der zentralasiatischen Republik übernommen und für Juni Neuwahlen angekündigt.

EU steht hinter der neuen Regierung

Die Europäische Union hat der neuen Regierung Kirgisiens ihre Unterstützung angeboten. Zugleich forderte EU-Chefdiplomat Javier Solana die amtierende Außenministerin Rosa Otunbajewa auf, "stabile und freundschaftliche Beziehungen mit den Nachbarländern herzustellen".

In einer in Brüssel veröffentlichten Erklärung Solanas werden keine Details über die mögliche Unterstützung der EU genannt. Solana forderte die Regierung auf, "einen demokratischen Kurs zu steuern und eine Politik des nationalen Dialogs und der Aussöhnung zu betreiben". Solana, der für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU zuständig ist, steht nach Angaben einer Sprecherin in der Kirgisien-Frage auch im Kontakt mit Russland, den USA und der OSZE.

Aufruf zum Rücktritt

"Präsident Akajew hat bis jetzt geschwiegen", sagte Bakijew. "Ich denke, der Präsident sollte sich an sein Volk wenden und seine Entscheidung mitteilen." Parlamentspräsident Omurbek Tekebajew erklärte, man verhandele derzeit mit Akajew über dessen Rücktritt. "Die Wahl eines neuen Präsidenten kann erst nach Verhandlungen mit Akajew angesetzt werden", sagte Tekebajew. "Alles andere wäre ein weiterer Verstoß gegen die Verfassung."

Für die Protestbewegung, die Akajew mit der Stürmung des Regierungspalastes am Donnerstag zur Flucht zwang, war Tekebajews Erklärung ein Schlag ins Gesicht. Die Proteste hatten sich an mutmaßlichen Manipulationen bei der Wahl im Februar und März entzündet, aus der das neue Parlament hervorgegangen war. Prompt demonstrierten am Montag vor dem Parlamentsgebäude mehrere hundert Menschen gegen die neu gewählten Abgeordneten.

"Eine politische Entscheidung treffen"

Ungeachtet des Legitimitätsproblems scheint sich die neue Volksvertretung im Machtkampf mit dem alten Parlament durchzusetzen. Dessen Unterhaus legte am Montag die Arbeit nieder. Der Kammervorsitzende Ischenbai Kadyrbekow begründete dies mit dem Interesse des Landes an stabilen Verhältnissen. Kadyrbekow forderte auch das Oberhaus des alten Parlaments zur Aufgabe auf. Dessen Mitglieder rechtfertigten jedoch in einer Sitzung den Fortbestand ihrer Institution.

"Heute müssen wir eine politische Entscheidung treffen", sagte Bakijew. "Im Einklang mit der Verfassung sollten beide Kammern des alten Parlaments ihre Arbeit einstellen." Die Abgeordneten müssten an das Interesse der Wähler denken und nicht an ihr eigenes. Bakijew sagte weiter, er habe mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und seinen Kollegen in Kasachstan und Usbekistan gesprochen. Alle drei hätten Unterstützung für seine Regierung zugesagt und ihre Hilfe angeboten.

Regierungssturz machte Wahl notwendig

Das alte Parlament hatte Bakijew nach Akajews Sturz zum Übergangspräsidenten und Regierungschef bestimmt. Am Montag bestätigte das neue Parlament Bakijews Ernennung zum Ministerpräsidenten. Parlamentspräsident Tekebajew nannte Bakijews Wahl nicht verfassungsgemäß. Er erklärte jedoch, die Umstände in den Stunden nach dem Regierungssturz hätten die Entscheidung notwendig gemacht.

Das neue Parlament war erst am Sonntag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammengekommen - und dies, obwohl der Oberste Gerichtshof die Wahlen für ungültig erklärt und das wiedereingesetzte alte Parlament bereits wichtige Personalentscheidungen getroffen hatte.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kündigte am Sonntag die Entsendung von Experten an, um den Streit zu schlichten. Der OSZE-Gesandte Alojz Peterle erklärte in Bischkek, seine Organisation könne nicht entscheiden, welches der beiden Parlamente legitim sei. Sie wolle aber ihren Rat anbieten und werde in wenigen Tagen drei unabhängige Verfassungs- und Rechtsexperten nach Kirgisien entsenden.

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