Keine Wartezeiten mehr vor den Passkontrollen an den Flughäfen, keine Staus mehr vor den Grenzübergängen an den Autobahnen: Kroatien tritt zum 1. Januar als 27. Land dem Schengen-Raum bei.
Auf diesen historischen Schritt haben sich am Donnerstag die Innenministerinnen und -minister der EU-Staaten einstimmig geeinigt, wie die tschechische Ratspräsidentschaft mitteilte. Die Schlagbäume sollen sich nach Angaben der kroatischen Grenzpolizei schon zum Jahreswechsel öffnen, lediglich an Flughäfen müssen sich Reisende aus organisatorischen Gründen noch bis Ende März gedulden.
Schengen-Raum wird um Kroatien vergrößert
Bei Reisen innerhalb des Schengen-Raums werden Personen nicht systematisch an den Staatsgrenzen kontrolliert, Zollkontrollen sind jedoch weiterhin möglich, ebenso stichprobenartige Kontrollen an der Grenze oder im Hinterland.
Grenze der Grausamkeit – ein Fotograf dokumentiert die brutale Abschottung der EU

Dieses ist eines der ersten Bilder, die ich auf meiner Recherche in Bosnien im Februar 2020 gemacht habe. Ich war schon drei oder vier Tage vor Ort, als es entstand. Die Männer auf dem Bild kommen aus Afghanistan. Ich war dieser Gruppe schon einige Male begegnet in den Tagen zuvor. Dann sah ich, dass sie sich auf dem Dach der verfallenen Metall-Fabrik in der bosnischen Provinzhauptstadt Bihac versammelt hatten. Viele Flüchtlinge, die in den offiziellen Lagern in der Umgebung keinen Platz gefunden hatten, hatten wie sie dort Unterschlupf gesucht.
Ich habe das Foto gemacht, weil es drei Dinge vermittelt: Es zeigt diese fünf Männer beim Kochen im Freien, auf einem Feuer aus trockenen Zweigen. Es zeigt den Ort, an dem sie leben, diese heruntergekommene Industrieruine. Und im Hintergrund sieht man den Gebirgszug, entlang dessen die Grenze zwischen Kroatien und Bosnien verläuft. Dahinter liegt das Ziel, das alle hier zu erreichen versuchen: Die Europäische Union."
Das erste entsprechende Abkommen wurde 1985 auf deutsch-französische Initiative im luxemburgischen Schengen unterzeichnet. Belgien, die Niederlande und Luxemburg schlossen sich an, ebenso Spanien und Portugal. Später wurden auch Italien, Österreich, Griechenland, Dänemark, Finnland, Schweden, Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowenien, Tschechien und Ungarn Teil des Gebiets. Auch die Nicht-EU-Staaten Norwegen, Island, Schweiz und Liechtenstein sind Mitglieder des Schengen-Raums.
Nach dem Beitritt Kroatiens mit seinen rund vier Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern werden Irland, Zypern, Bulgarien und Rumänien die einzigen EU-Staaten sein, bei denen an der Grenze noch der Pass vorgezeigt werden muss. Ein Beitritt Rumäniens und Bulgariens scheiterte vor allem am Widerstand aus Österreich und den Niederlanden.
Die Aufnahme Kroatiens in den Schengen-Raum dürfte hierzulande vor allem Touristinnen und Touristen sowie Menschen mit familiären Wurzeln in dem Balkan-Staat freuen. 2021 wurden aus Deutschland laut Reiseverband 2,4 Millionen Urlaubsreisen dorthin unternommen. Gut 400.000 Menschen mit kroatischer Staatsangehörigkeit leben in der Bundesrepublik.
Hinweis der Redaktion: In einer ersten Version dieses Artikel wurde fälschlicherweise angegeben, dass sich Schengen in Belgien befindet. Außerdem befand sich in der Karte eine falsche Darstellung. Wir haben die Fehler korrigiert und bitten um Entschuldigung.
Quellen: Tschechische EU-Ratspräsidentschaft, Auswärtiges Amt, Schengener Abkommen, Deutscher Reiseverband, Statistisches Bundesamt, Nachrichtenagenturen DPA und AFP