Söldner-Rebellion in Russland Lukaschenko behauptet, er habe Putin davon abgebracht, Wagner-Chef Prigoschin zu töten

Lukaschenko und Putin
Ziemlich beste Feunde: Der belarussische Staatschef Alexander Lukaschenko begrüßt Wladimir Putin während ihres Treffens in der Bocharov Ruchei Residenz in Sochi 2021.
© Gavriil Grigorov / Pool Sputnik Kremlin / AP / DPA
Nach dem Beinahe-Putsch der Gruppe Wagner stilisierte sich Alexander Lukaschenko zum Helden des Tages. Er sei es gewesen, der zwischen Söldner-Chef Prigoschin und Präsident Putin vermittelt habe. Doch die Rolle des belarussischen Machthabers ging noch viel weiter – behauptet er zumindest selbst. 

Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko ist offenbar zufrieden mit sich. Aus seiner Sicht hat er Jewgeni Prigoschin, den randalierenden Chef der Söldnergruppe Wagner, quasi im Alleingang davon überzeugt, seinen Marsch gen Moskau abzubrechen – und Russland damit womöglich vor einem Bürgerkrieg bewahrt. Wie Lukaschenko am Dienstag behauptete, ging seine Vermittlerrolle allerdings noch viel weiter.

In einer Rede bei einer militärischen Zeremonie, die später vom belarussischen Pressedienst veröffentlicht wurde, erklärte er, er habe Russlands Präsidenten Wladimir Putin persönlich davon überzeugt, Prigoschin am Leben zu lassen. Mehrere Medien berichteten darüber. 

Lukaschenko: Prigoschin sei "halb verrückt" gewesen

Lukaschnko habe den Kremlchef davon abgebracht, eine "harte Entscheidung" zu treffen, sagte er der "Washington Post" zufolge in der Rede im Palast der Unabhängigkeit in Minsk. Putin habe ihn am Samstagvormittag angerufen und über die Situation in Kenntnis gesetzt. Der russische Präsident habe zu diesem Zeitpunkt bereits eine "grausame Entscheidung getroffen", so Lukaschenko. Prigoschin umzubringen sei zwar theoretisch möglich, würde aber ein großes Blutvergießen nach sich ziehen, habe Lukaschenko Putin erklärt.

Er habe ihm Stattdessen angeboten, Kontakt zum Wagner-Chef aufzunehmen. Putin sei zunächst skeptisch gewesen: "'Hör zu, Sascha [Kurzform für Alexander, Anm. d. Redaktion], es ist zwecklos. Er nimmt nicht einmal den Hörer ab, er will mit niemandem sprechen'", soll der Kremlchef gesagt haben.

Wenige Stunden später sei Lukaschenko gelungen, was dem Kreml selbst nicht gelang – er habe den aufständischen Unternehmer ans Telefon bekommen. Der habe eine halbe Stunde lang geflucht, "zehnmal mehr als normal", so Lukaschenko. Prigoschin sei "halb verrückt" gewesen und habe verlangt, dass Putin ihm Verteidigungsminister Sergej Schoigu und General Waleri Gerassimow ausliefere. Der "letzte Diktator Europas", wie Lukaschenko auch genannt wird, habe den Söldnerchef schließlich zur Vernunft bringen können. "Auf halbem Weg dorthin werden sie dich zerquetschen wie einen Käfer", habe der Präsident ihm klar gemacht. 

Mehrere Telefonaten und Stunden später dann die offenbar erfolgreiche Vermittlung zwischen Staat und Privatarmee: Im Gegenzug für Straffreiheit und sicheres Geleit nach Belarus blies Prigoschin den Aufstand am frühen Samstagabend ab – angeblich nur 200 Kilometer vor Moskau.

Quellen: "Washington Post", "Pravda"; DPA