Am Wochenende war Italiens Innenminister Matteo Salvini ganz in seinem Element. Am Samstag hielt der Chef der rechten Lega im Rahmen seiner Sommertour eine Rede in Policoro, danach ging er am Strand der süditalienischen Stadt unter dem Jubel einiger Anhänger baden und drehte, aufmerksam bewacht von zwei Jetskis der Polizei, ein paar Runden in einem knallgrünen Kanu. Es war ein typischer Salvini-Auftritt: der rechtsradikale Politiker präsentierte sich volksnah und authentisch mit nacktem Oberkörper und Kreuzkette.
Von der schweren Regierungskrise, in die der selbsternannte Retter Italiens das Land gestürzt hat, war da für einen kurzen Augenblick wenig zu spüren. Salvini will mit aller Macht Regierungschef in Rom werden, und glaubt, dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen sei. Seine Partei hat einen Misstrauensantrag gegen den parteilosen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte im römischen Senat gestellt. Würde er angenommen, wäre es das Ende der Koalition aus Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung.
Matteo Salvini hat die Rechnung ohne die anderen Parteien gemacht
Dann sollte es möglichst schnell Neuwahlen geben, die Salvini gewinnen würde. Er wäre dann der neue Regierungschef im Pallazzo Chigi - so lautet zumindest der Plan. Der aktuell beliebteste Politiker Italiens und seine Partei sind berauscht von hohen Umfragewerten (um 38 Prozent) und dem mit 34,5 Prozent herausragenden Ergebnis bei der Europawahl - das beste ihrer Geschichte.
Doch möglicherweise hat es sich Salvini ein wenig zu einfach vorgestellt. Denn in Rom bildet sich gerade eine mächtige Allianz gegen ihn und seine Machtpläne. Es ist keinesfalls sicher, dass er bei der Abstimmung über den Misstrauensantrag eine Mehrheit zustande bekommt.
Renzi will Neuwahlen verhindern
So hat der frühere italienische Ministerpräsident Matteo Renzi für die Bildung einer Übergangsregierung aus Technokraten plädiert, um rasche Neuwahlen in Italien zu verhindern. Der Sozialdemokrat sprach sich dafür aus, dass ein breites Spektrum von Parteien eine solche Technokratenregierung unterstützen solle, um das Land vor einem "extremistischen" Kurs zu bewahren.
Es ist gut möglich, dass sich die Fünf-Sterne-Bewegung auf das Angebot einlässt, denn sie ist nicht unbedingt an Neuwahlen interessiert. Die Linkspopulisten sind mit 32,6 Prozent die mit Abstand stärkste Kraft im Parlament (227 Sitze) und würden bei raschen Neuwahlen wahrscheinlich zahlreiche Stimmen einbüßen. Viele Abgeordnete wären ihr Mandat los. Auch das spricht dafür, dass die Fünf Sterne möglicherweise mir den Sozialdemokraten von Renzi zusammenarbeiten, um eine Regierung der "neuen Barbaren", wie es Parteigründer Beppo Grillo ausdrückte, zu verhindern.
Quellen: "Süddeutsche Zeitung", "La Repubblica", AFP