Neue Energiestrategie Obama erlaubt Ölbohrungen vor US-Küste

Barack Obama auf den Spuren seines Vorgängers George W. Bush: Der US-Präsident will nun doch Ölbohrungen vor der US-Küste genehmigen. Dies soll ein Teil einer neuen Klimapolitik sein - ist aber vor allem ein Zugeständnis an den politischen Gegner.

Barack Obama will nun doch Ölbohrungen vor den Küsten der Vereinigten Staaten genehmigen. Auf dem Luftwaffenstützpunkt Andrews im Bundesstaat Maryland kündigte Obama am Mittwoch neue Wege an, um die heimischen Energiequellen auszuschöpfen. Dabei werde er auch den Naturschutz berücksichtigen, sagte der Präsident und rechtfertigte damit seine energiepolitische Kehrtwende. Obama versprach: "Wir schützen Gebiete, die wichtig für den Tourismus, die Umwelt und unsere nationale Sicherheit sind."

Obama betonte, dass sich seine Regierung nicht von einer politischen Ideologie, sondern von wissenschaftlichen Erkenntnissen leiten lassen werde. Daher würden nur Küstengebiete im mittleren und südlichen Atlantik und im Golf von Mexiko erschlossen werden. Ökologisch besonders gefährdete Regionen wie Alaskas Bristol Bay sollten dagegen verschont bleiben. Obama unterstrich: "Die Ankündigung ist Teil einer breiten Strategie, die zu einer Wirtschaft führt, die statt auf fossilen Brennstoffen und ausländischem Öl, auf einheimischen Brennstoffen und sauberer Energie basiert."

Auch George W. Bush befürwortete die Bohrungen

Mit der Ölbohr-Ankündigung schwenkt Obama teilweise auf einen Plan seines Vorgängers George W. Bush ein. Der hatte sich immer für die umstrittenen Bohrungen vor den Küsten ausgesprochen, um die Abhängigkeit der USA von Ölimporten aus dem Nahost zu verringern. Obama, stets Verfechter des Ausbaus "grüner Energien", hatte diese Pläne zu Beginn seiner Amtszeit jedoch zunächst auf Eis gelegt, um sie zu überprüfen. Doch das Ergebnis deutete sich bereits in Obamas Rede zur Lage der Nation an: "Harte Entscheidungen über die Erschließung neuer Gebiete vor der Küste für Öl und Gas", kündigte Obama im Januar an. Nun sind sie gefällt.

An der amerikanischen Ostküste soll es schon bald losgehen. Geplant sind Probebohrungen 80 Kilometer vor der Küste Virginias. Für diese Region war vor 20 Jahren ein Bohrstopp verhängt worden. Damals sollten Ölbohrungen aus Umweltschutzgründen grundsätzlich auf die Mitte und den Westen des Golfs von Mexiko begrenzt bleiben. Obamas jetziges Signal dürfte die konservativen Politiker des Kohlestaats nun freuen, Umweltschützer hingegen schütteln den Kopf. "Das Signal dieser Ankündigung ist energiepolitisch rückwärtsgewandt", meint Arne Jungjohann, Klimaexperte der Heinrich-Böll-Stiftung in Washington. Doch dies sei nur die halbe Wahrheit. "Obama erhöht damit den Druck, das im Senat stockende Klimagesetz zu verabschieden. Es ist der vielleicht letzte Versuch, endlich auch ein paar republikanische Senatoren für das Klimagesetz zu gewinnen", meint der US- Umweltexperte.

Klimagesetz noch vor den Zwischenwahlen

Um dem Gesetz noch vor den anstehenden Zwischenwahlen eine Chance zu geben, müssten die Demokraten es rechtzeitig vor der Sommerpause auf den Weg bringen. Das US-Klimagesetz stand erst monatelang in der Warteschlange hinter der Gesundheitsreform. Dann wurde es totgesagt. Doch inzwischen steht fest: Hinter den Kulissen ringt die Obama- Partei weiter um einen überparteilichen Kompromiss zur CO2- Reduzierung und zum Emissionshandel. Anfang März kündigte der demokratische Senator John Kerry an, dass entgegen der gängigen Meinung ein umfassender Gesetzentwurf in Kürze vorliegt. Wie er aussieht, ist unbekannt.

Klar ist aber, dass ein umfassendes Klimagesetz, wie es im vergangenen Herbst vom Repräsentantenhaus verabschiedet wurde, vom Tisch ist. So berichtet die "Washington Post" von neuen Plänen für einen abgespeckten Emissionshandel. Dieser soll zunächst nur für Kraftwerke gelten. Fabriken und Industrieanlagen würden später in das System aufgenommen. Auch Lindsey Graham, republikanischer Senator aus South Carolina, erklärt einen umfassenden Emissionshandel inzwischen für tot. Er ist weiter der einzige Konservative, der sich bislang offen für ein Klimagesetz ausspricht.

Mit seiner Kehrtwende bei den Ölbohrungen sowie seiner jüngsten Ankündigung zum Ausbau der Atomkraftwerke versucht Obama offenbar nicht nur konservative Demokraten, sondern auch die Republikaner mit ins Boot zu bekommen. Damit riskiert er viel, meint Umweltexperte Jungjohann. "Obama bringt mit seinem Vorstoß Umweltverbände und Abgeordnete der Demokraten gegen sich auf, ohne sich der Zustimmung der Republikaner sicher zu sein." Jetzt liege der Ball im Feld der Republikaner.

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