Neue Massenproteste in Russland Opposition fordert Neuwahlen

Zehntausende demonstrieren in Moskau gegen das Ergebnis der russischen Präsidentenwahl. Die Opposition fordert Neuwahlen, die Polizei nimmt zahlreiche Putin-Gegner fest.

Bei neuen Massenprotesten gegen die von Manipulationsvorwürfen überschattete russische Präsidentenwahl hat die Opposition eine Wiederholung der Abstimmung verlangt. "Wir haben klare Forderungen: Politische Reformen, Schaffung einer unabhängigen Justiz, Ende der Medienzensur, Direktwahl der Gouverneure und Neuwahl der Staatsduma und des Präsidenten." Das sagte der außerparlamentarische Politiker Wladimir Ryschkow nach Angaben der Agentur Interfax am Samstag vor Tausenden Regierungskritikern. Der Regierungsgegner und Ex-Schachweltmeister Garri Kasparow nannte den gewählten Präsidenten Wladimir Putin einen "Diktator".

Die Polizei hat mehrere Demonstranten festgenommen. Unter den etwa ein Dutzend in Gewahrsam genommenen Kundgebungsteilnehmern war auch der Chef der oppositionellen Linksfront, Sergej Udalzow. Udalzow und mehrere weitere Demonstranten wollten zum Puschkin-Platz marschieren, nachdem die Kundgebung beendet war.

Die Opposition brauche ein positives Programm, forderte die prominente Fernsehmoderatorin Xenia Sobtschak. "Wir wissen, wogegen wir sind, aber jetzt müssen wir äußerst schnell unser "Für" formulieren", sagte Sobtschak. Wladimir Putin wirft seinen Gegnern vor, sie hätten kein Konzept. Nach Angaben der Veranstalter kamen mindestens 25.000 Demonstranten zu der friedlichen Versammlung. Die Polizei sprach von etwa 10.000 Teilnehmern.

Putin hatte die Wahl am vergangenen Sonntag nach offiziellen Angaben deutlich gewonnen. Russische Wahlbeobachter prangerten aber Tausende "gröbste Verstöße" an. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kritisierte die Abstimmung als ungerecht und unfair.

Festnahmen in St. Petersburg und Nischni Nowgorod

In St. Petersburg war eine gegen Putin gerichtete Kundgebung verboten worden. Rund 250 Menschen versammelten sich dennoch auf einem zentralen Platz. Die Polizei schritt ein und nahm rund 20 Teilnehmer fest. Auch in der drittgrößten Stadt Nischni Nowgorod rund 400 Kilometer östlich von Moskau wurden etwa 60 Regierungsgegner festgenommen, die unerlaubt demonstrierten.

Die junge Regionalparlamentarierin Vera Kitschanowa forderte in Moskau eine "Orangene Revolution" nach dem Vorbild der Ukraine. Davor brauche niemand Angst zu haben, da der Wandel in der Ex-Sowjetrepublik 2004 friedlich verlaufen sei, sagte Kitschanowa. Putin hatte wiederholt vor "bunten Revolutionen" gewarnt, mit denen das Ausland die Gesellschaft in den früheren Sowjetrepubliken destabilisieren wolle.

Der später festgenomme Sergej Udalzow rief zu einem "Millionenmarsch" vor Putins Amtseinführung Anfang Mai auf. "Russland ohne Putin" und "Putin ist ein Dieb" skandierten zahlreiche Menschen in Sprechchören.

"Wir werden weiter politische Reformen und Neuwahlen fordern. Wir werden weiter die Freilassung aller politischen Gefangenen fordern", sagte Oppositionspolitiker Ryschkow. Die vom scheidenden Kremlchef Dmitri Medwedew angekündigten Reformen seien unzureichend.

Linke, Nationalisten und Jabloko-Anhänger

Anhänger verschiedener politischer Strömungen kamen zu der Kundgebung nahe des Kremls. Vor allem viele Fahnen der liberalen Jabloko-Partei waren zu sehen, deren Kandidat Grigori Jawlinski nicht zur Präsidentenwahl zugelassen worden war. Aber auch viele Nationalisten und extrem Linke waren vertreten.

Mindestens 2500 Sicherheitskräfte waren im Einsatz. Sie hatten den Demonstrationsort an der Hauptverkehrsstraße Neuer Arbat schon Stunden vor Beginn der Versammlung mit Gittern und Metalldetektoren abgesperrt. Die Behörden warnten, "Provokationen" würden konsequent bestraft. Das Abbrennen von Feuerwerkskörpern oder das Aufstellen von Zelten werde konsequent unterbunden.

DPA
mlr/DPA/AFP