Überläufer aus Nordkorea Agent des "Büro 39": Wie dieser Mann Millionen für Kim schmuggelte

Ri Jong-ho schmuggelte Jahrzehnte lang Geld nach Nordkorea
Ri Jong-ho schmuggelte Jahrzehnte lang Geld nach Nordkorea
© Picture Alliance/MAXPPP
Um die internationalen Sanktionen zu umgehen, unterhält Nordkorea eine ausgefeilte Schattenwirtschaft. Koordiniert werden die Geschäfte vom "Büro 39". Ri Jong-ho arbeitete drei Jahrzehnte lang für die berüchtigte Behörde. Nun spricht er erstmals über seine Methoden.

Seit 2013 ist Norkorea durch Sanktionen vom globalen Finanzsystem abgeschnitten. Theoretisch. Die Praxis sieht jedoch anders aus. Mit kreativen Methoden gelingt es der Diktatur in Pjöngjang, die sanktionierten Im- und Exporte zu umgehen und Devisen in Milliardenhöhe anzuhäufen. Das "Büro 39" koordiniert diese Schattenwirtschaft. Unter dem Codenamen verbirgt sich eine mysteriöse Behörde, die direkt dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un untersteht und ein einziges Ziel verfolgt: Das Regime zu bereichern.

Ri Jong-ho arbeitete drei Jahrzehnte lang für das "Büro 39". Er gehörte zu den besten Mitarbeitern und beschaffte für die Diktatur Jahr für Jahr Millionen von Dollar. 2014 flüchtete er jedoch mit seiner Familie in die USA. In einem Interview mit der "Washington Post" erzählte der 59-Jährige nun erstmals, wie er Geld für Kim geschmuggelt hatte. 

Und das war viel einfacher, als man vermuten könnte. Die Devisen stammen seinen Angaben zufolge in erster Linie aus dem Rohstoffhandel mit China. Das Land der Mitte profitiere von den Geschäften mit Nordkorea. "Deshalb kümmert es sich nicht um die Sanktionen", so der Überläufer. 90 Prozent des nordkoreanischen Handels sollen mit China abgewickelt werden. Die Geldtransaktionen würden dabei auf ganz schlichte Weise erfolgen.

Geldkoffer nach Nordkorea

Einmal habe er dem Kapitän eines Schiffes, das vom chinesischen Dalian ins nordkoreanische Nampo unterwegs war, eine Tasche voller Geld mitgegeben, erinnerte sich Ri. Bei anderen Gelegenheiten habe er die Geldkoffer jemandem mitgegeben, der mit dem Zug die Grenze überquert hat. "Wenn die chinesische Regierung Pjöngjang eine Warnung schickte, hörten die Geschäftsaktivitäten für ein paar Tage auf. Dann machten sie wieder weiter", erzählte Ri. Alleine in den ersten Monaten des Jahres 2014 habe er auf diese Weise 10 Millionen Dollar nach Pjöngjang liefern können.

"Die Sanktionen haben unseren Handelsgeschäften nie weh getan", berichtete er. "Auch ich stand auf der Sanktionsliste. Auch mir haben sie nie etwas ausgemacht."

"Ich habe Kim Jong Il treu gedient. Ich war reich"

Während seiner Zeit beim "Büro 39" leitete Ri eine Reederei und war Vorsitzender der Korea Kumgang Group. Der Konzern betrieb unter anderem ein Taxiunternehmen in Pjöngjang - zusammen mit einem chinesischen Geschäftsmann. Zuletzt leitete Ri eine Handelsniederlassung von Daeheung in der chinesischen Stadt Dalian. Das Handelsunternehmen exportiert unter anderem Kohle und Meeresfrüchte, importiert Öl und ist auch in der Schiffsfahrt tätig. Diese Posten erlaubten es ihm, den Geldschmuggel nach Nordkorea zu decken.

Er habe ein gutes Leben gelebt, sagte Ri der "Washington Post". Mit einem Farbfernseher und einem Auto. "Ich habe Kim Jong Il treu gedient. Also wurde ich belohnt. Ich war reich."

2011 übernahm jedoch Kim Jong Un die Macht. 2013 richtete der neue Diktator seinen Onkel Jang Song Thaek hin. Ihm wurden Verrat, Korruption und Drogenmissbrauch zur Last gelegt. Jang habe wirtschaftlich mit China kooperiert, erzählte nun Ri. Nach seiner Hinrichtung seien Dutzende seiner Mitarbeiter Säuberungen zum Opfer gefallen. Ri hatte Angst, dass er der nächste sein könnte. Also sei er mit seiner Familie zunächst nach Südkorea und später in die USA geflohen.

Und plötzlich hat man einen anderen Namen

Nun erklärt der Exilant, warum die internationalen Sanktionen gegen Nordkorea nicht zum gewünschten Erfolg führen: "Nordkorea hat zu 100 Prozent staatliche Unternehmen. Kommt eine Firma auf die Sanktionsliste, dann wird der Name des Unternehmens schon am nächsten Tag geändert. Die Firma funktioniert normal weiter, einfach unter neuem Namen", schilderte er die Situation. Sogar die Namen von Privatpersonen könnten geändert werden, falls sie sich auf der Liste befänden.

Ein weiteres Problem sei es, dass die Sanktionen von China, Russland und auch anderen Staaten unterwandert würden. "Wenn China, Russland und die Vereinigten Staaten in Sachen Sanktionen nicht zusammenarbeiten, wird es unmöglich sein, Nordkorea zu schaden", sagte Ri. 

ivi