Vor Beginn der Operation "Muschtarak" schwor der Kommandeur einer britischen Pioniereinheit seine Soldaten auf eine schwierige Mission ein. "Es ist verdammt gefährlich dort draußen", sagte Oberstleutnant Matt Bazeley. "Wir gehen in das Herz der Finsternis." Dann rollte am Samstagmorgen in der südafghanischen Provinz Helmand die größte Offensive gegen die Aufständischen seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001 an. Rund 15.000 Soldaten werfen die afghanische Armee und die Internationale Schutztruppe Isaf in die Schlacht gegen die Taliban, Amerikaner und Briten stellen die größten ausländischen Kontingente. Ihr Ziel: Die Distrikthauptstadt Mardscha: 80.000 Einwohner, darunter wohl über 1000 Taliban. Der Bezirk in der Provinz Helmand ist eines der größten Opium-Anbaugebiete der Welt. Jahrelang war er unter der Kontrolle von Taliban und Drogenhändlern, die dort gemeinsame Sache machten – und Opium gehört zu den Haupteinnahmequellen der Aufständischen.
Die Offensive begann kurz nach Mitternacht Ortszeit. Etwa 60 Chinook-Kampfhubschrauber setzten amerikanische und afghanische Verbände mitten in Mardscha ab. Bei Kämpfen an verschiedenen Punkten seien 20 Aufständische getötet und weitere elf verhaftet worden, sagte der afghanische Kommandeur Sher Mohammed Sasai. Weitere Verbände würden zu Fuß und in Lastwagen auf Mardscha vorrücken, hieß es. Die Taliban leisteten bislang "minimalen Widerstand". Die Planer hatten mit stärkerer Gegenwehr gerechnet, nachdem Taliban-Sprecher Kari Jussif Ahmadi gedroht hatte, die Aufständischen würden Mardscha verteidigen und hätten um die Stadt Minen gelegt. Wegen der Gefahr durch Antipersonen-Minen fahren den Soldaten schwergepanzerte Minenräumer voran.
"Muschtarak" kommt weitaus mehr Bedeutung zu als einer reinen Militäroperation. Geht es nach dem Willen der Staatengemeinschaft, soll die Offensive den Auftakt für eine Wende zum Guten in Afghanistan bilden. Wohl auch aus diesem Grund haben die Planer die Operation "Muschtarak" gennant, was soviel wie "gemeinsam" in Dari bedeutet, dem persischen Dialekt in Afghanistan. So sind die afghanischen Truppen in die Einheiten der Isaf integriert. Nach außen steht die Offensive unter afghanischem Kommando, faktisch sind es die Amerikaner.
Was diese Offensive von den bisherigen unterscheidet
Auch andere Faktoren unterscheidet "Muschtarak" von den zahlreichen früheren Operationen in Afghanistan - die den Abwärtstrend am Hindukusch allesamt nicht aufhalten konnten. "Wir werden Mardscha den Taliban wegnehmen." Das könne "zu einer grundlegenden Veränderung in Helmand führen" und möglicherweise in ganz Afghanistan", sagte US-Brigadegeneral Lawrence Nicholson sagte laut "Washington Post".
Die Truppen würden mit "überwältigender Gewalt" gegen jene Aufständischen vorgehen, die das Angebot der Regierung nicht annehmen wollten, sich zu reintegrieren und sich in den politischen Prozess einzugliedern, teilte die Isaf weiter mit. Präsident Hamid Karsai rief alle Taliban-Kämpfer dazu auf, die Gelegenheit zu nutzen, um der Gewalt abzuschwören und sich in die Gesellschaft einzugliedern.
Anders als in der Vergangenheit wurde die Offensive Tage vorher angekündigt. ISAF und afghanische Regierung nahmen in Kauf, das Überraschungsmoment zu vergeben. Ihr Ziel: Mitläufer der Taliban sollten dazu bewogen werden, nicht zu kämpfen, und Zivilisten sollten vorgewarnt werden. Vor der Operation warf die Isaf Flugblätter über der Region ab, in denen die Bevölkerung aufgefordert wurde, Taliban kein Obdach zu gewähren und sich von Stellungen der Aufständischen fernzuhalten.
Zivile Opfer, die dem Image der ausländischen Truppen in der Bevölkerung in den vergangenen Jahren schwer geschadet haben, sollen unbedingt vermieden werden. Isaf-Kommandeur Stanley McChrystal hat seine Soldaten schon vor Monaten auf einen neuen Kurs eingeschworen: Priorität hat demnach der Schutz der Bevölkerung, nicht das Töten von Taliban.
Doch die Flüchtlinge aus Mardscha treibt die Sorge um, dass die Truppen wieder abziehen könnten - und die Taliban das Machtvakuum dann erneut füllen. Operation seien nur sinnvoll, wenn die Gegend gehalten werde und Wiederaufbau stattfinden würde, sagt Wali. "Aber sie (die Ausländer und die afghanische Regierung) machen das nicht.
Genau das aber wollen die afghanischen Truppen und die Isaf diesmal anders machen - die Streitkräfte haben aus Fehlern der Vergangenheit gelernt. Etwa aus der Operation "Adler" der Bundeswehr in der nordafghanischen Provinz Kundus im vergangenen Sommer: Bei der Offensive im Distrikt Char Darah vertrieben deutsche und afghanische Soldaten zwar die Taliban, waren aber zu dünn besetzt, um die freigekämpften Gebiete dauerhaft zu halten. Als sich die Truppen in ihre Feldlager zurückzogen, sickerten die Taliban wieder ein. Danach, so hieß es in Kundus, kursierten Todeslisten der Aufständischen über diejenigen Afghanen, die mit den Soldaten zusammenarbeiteten.
Im Militärjargon heißt die nicht ganz neue, bislang aber zu wenig in die Realität umgesetzte Strategie "shape, clear, hold and build". Kleinere Operationen bereiten das Feld für Offensiven wie "Mushtarak" (shape), mit denen die Taliban vertrieben werden (clear). Dann wird das Gebiet gehalten (hold), dafür sollen zunehmend die afghanischen Sicherheitskräften sorgen. Am wichtigsten aber: Sofort nach dem Ende der Kämpfe muss der Wiederaufbau beginnen und die Regierungsstrukturen müssen geschaffen werden (build). So sollen die viel beschworenen Herzen und Köpfe der Menschen gewonnen werden, ohne deren Unterstützung - diese Erkenntnis ist auch bei den Militärs längst angekommen - der Kampf gegen die Taliban nicht zu gewinnen ist.
So soll es nun bei "Muschtarak" und bei künftigen Operationen geschehen. Militärisch haben die Taliban gegen die hochgerüsteten Truppen keine Chance, die die umkämpften Gebiete über kurz oder lang einnehmen werden. Der Knackpunkt wird sein, ob es der Staatengemeinschaft und vor allem der afghanischen Regierung gelingen wird, danach auch zu ihrem Wort zu stehen und die Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen. Bislang gelten afghanische Beamte im Volk als weitaus korrupter als die Taliban - denen wiederum viele Afghanen eher als den Truppen zutrauen, für Sicherheit sorgen zu können.
20 Aufständische getötet
Doch die Flüchtlinge aus Mardscha treibt die Sorge um, dass die Truppen wieder abziehen könnten - und die Taliban das Machtvakuum dann erneut füllen. Operation seien nur sinnvoll, wenn die Gegend gehalten werde und Wiederaufbau stattfinden würde, sagt Wali. "Aber sie (die Ausländer und die afghanische Regierung) machen das nicht.
Genau das aber wollen die afghanischen Truppen und die ISAF diesmal anders machen - die Streitkräfte haben aus Fehlern der Vergangenheit gelernt. Etwa aus der Operation "Adler" der Bundeswehr in der nordafghanischen Provinz Kundus im vergangenen Sommer: Bei der Offensive im Distrikt Char Darah vertrieben deutsche und afghanische Soldaten zwar die Taliban, waren aber zu dünn besetzt, um die freigekämpften Gebiete dauerhaft zu halten. Als sich die Truppen in ihre Feldlager zurückzogen, sickerten die Taliban wieder ein. Danach, so hieß es in Kundus, kursierten Todeslisten der Aufständischen über diejenigen Afghanen, die mit den Soldaten zusammenarbeiteten.
Im Militärjargon heißt die nicht ganz neue, bislang aber zu wenig in die Realität umgesetzte Strategie "shape, clear, hold and build". Kleinere Operationen bereiten das Feld für Offensiven wie "Mushtarak" (shape), mit denen die Taliban vertrieben werden (clear). Dann wird das Gebiet gehalten (hold), dafür sollen zunehmend die afghanischen Sicherheitskräften sorgen. Am wichtigsten aber: Sofort nach dem Ende der Kämpfe muss der Wiederaufbau beginnen und die Regierungsstrukturen müssen geschaffen werden (build). So sollen die viel beschworenen Herzen und Köpfe der Menschen gewonnen werden, ohne deren Unterstützung - diese Erkenntnis ist auch bei den Militärs längst angekommen - der Kampf gegen die Taliban nicht zu gewinnen ist.
So soll es nun bei "Muschtarak" und bei künftigen Operationen geschehen. Militärisch haben die Taliban gegen die hochgerüsteten Truppen keine Chance, die die umkämpften Gebiete über kurz oder lang einnehmen werden. Der Knackpunkt wird sein, ob es der Staatengemeinschaft und vor allem der afghanischen Regierung gelingen wird, danach auch zu ihrem Wort zu stehen und die Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen. Bislang gelten afghanische Beamte im Volk als weitaus korrupter als die Taliban - denen wiederum viele Afghanen eher als den Truppen zutrauen, für Sicherheit sorgen zu können.