Mitten in der Irak-Krise hat das kleine Belgien seine große Rolle in der Weltpolitik erobert. Im Verein mit Deutschland und Frankreich lehnte die Regierung in Brüssel jede NATO-Hilfe für die Türkei ab, die als Vorbereitung auf einen Krieg gegen den Irak gedeutet werden könnte. "Wir müssen zumindest den Bericht von UN-Chefinspekteur Hans Blix am 14. Februar abwarten", begründete Außenminister Louis Michel das belgische Veto.
Mehrfach hatte Regierungschef Guy Verhofstadt zuvor erklärt, dass ein Militäreinsatz nur als allerletztes Mittel denkbar sei. Zuvor müssten sämtliche diplomatischen und politischen Möglichkeiten zur Beilegung des Konflikts ausgeschöpft werden. Als am Montag bei der NATO die Erklärungsfrist zum militärischen Beistand für die Türkei ablief, war die Stunde der Belgier gekommen: Eine halbe Stunde nach den Franzosen legten auch sie schriftlich ihr Veto ein.
Mehrheit der Belgier will keinen Krieg
14 Wochen vor den belgischen Parlamentswahlen am 18. Mai ist sich die Koalition aus Liberalen, Sozialisten und Grünen dabei einer breiten Zustimmung der Bevölkerung sicher: 82 Prozent der Belgier halten einen Krieg gegen den Irak für nicht gerechtfertigt, zwei Drittel würden selbst bei einem UN-Mandat jede belgische Beteiligung an einem Militärschlag ablehnen. Im UN-Sicherheitsrat haben die Belgier derzeit keinen Sitz, doch bei der NATO reden sie mit.
Zwar zogen sich die Belgier mit ihrer Haltung den Zorn von Briten und Amerikanern zu. "Trau’ niemals einem Belgier", schrieb die englische Boulevardzeitung "Daily Mail", und Brüsseler Blätter gaben dies prompt an das heimische Publikum weiter. Doch Außenminister Michel ficht solche Kritik nicht an. Nach dem Motto "Viel Feind, viel Ehr" nimmt der gebürtige Wallone selbst kein diplomatisches Blatt vor den Mund, wenn es um die aus seiner Sicht gerechte Sache geht.
In guter Gesellschaft mit Deutschland und Frankreich
So war es schon vor drei Jahren, als in Österreich die rechtsgerichtete FPÖ mit an die Macht kam. Belgien gehörte seinerzeit zu den Betreibern einer EU-weiten Ächtung der neuen Regierung in Wien. Minister Michel ging noch weiter und nannte einen Ski-Urlaub im mitte-rechts-regierten Österreich «unmoralisch».
In Sachen Irak fühlt sich die belgische Regierung mit den großen Nachbarn Deutschland und Frankreich in guter Gesellschaft. Manchen Landsleuten geht der kriegskritische Kurs von Michel und Verhofstadt aber noch nicht weit genug. So protestieren Friedensaktivisten gegen die Verladung militärischen Materials aus deutschen US-Stützpunkten im Antwerpener Hafen. Und am Samstag wollen tausende Bürger in Brüssel gegen einen Krieg im Irak auf die Straße gehen.