Russlands Präsident Wladimir Putin sieht keine Chancen mehr für eine Umsetzung der Minsker Abkommen zur Befriedung der Ostukraine. "Wir sind zu der Überzeugung gelangt, dass es keine Aussichten" für die Abkommen gibt, sagte Putin am Montag bei einem Treffen des nationalen Sicherheitsrats in Moskau. In den von Deutschland und Frankreich 2014 und 2015 vermittelten Minsker Abkommen hatten sich die Konfliktparteien in der Ostukraine zu mehreren Schritten verpflichtet, um eine Friedenslösung in dem Konflikt zu erreichen.
Kurz vor Putins Äußerung hatten die pro-russischen Separatisten in der Ostukraine den russischen Staatschef aufgerufen, die Unabhängigkeit ihrer selbst ernannten "Volksrepubliken" von der Ukraine anzuerkennen.
Ukraine-Konflikt: Putin will über "Volksrepubliken" entscheiden
"Ich bitte Sie, die Souveränität und Unabhängigkeit der Volksrepublik Luhansk anzuerkennen", sagte Rebellenchef Leonid Pasetschnik in einer im russischen Fernsehen ausgestrahlten Videobotschaft. Der Separatistenführer in der selbst ernannten "Volksrepublik" Donezk, Denis Puschilin, schloss sich der Forderung an.
Der russische Staatschef kündigte an, er wolle noch am Montag über die Anerkennung der Unabhängigkeit der pro-russischen Separatistengebiete in der Ostukraine entscheiden. "Ich habe Ihre Meinungen gehört, die Entscheidung wird heute getroffen", sagte Putin bei einem Treffen des nationalen Sicherheitsrats in Moskau. Alle Beteiligten, darunter Außenminister Sergej Lawrow und Verteidigungsminister Sergej Schoigu, sprachen sich für die Anerkennung der Regionen aus. Weder die Ukraine noch der Westen brauche den Donbass, hieß es im Sicherheitsrat.
Die USA hatten kürzlich gewarnt, dass eine Anerkennung der "Volksrepubliken" durch Moskau "eine grobe Verletzung des Völkerrechts" darstellen würde. Russland sei klar, dass der Schritt angesichts der vom Westen angedrohten Sanktionen ernste Folgen haben werde, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew. Es gebe angesichts der Lage aber keine andere Möglichkeit, als die Gebiete anzuerkennen. Der Druck auf Russland werde beispiellos sein. Die Hoffnung sei aber, dass sich der Konflikt danach abkühle.
Scholz warnt Putin
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat den russischen Präsidenten Wladimir Putin vor einer Anerkennung der Unabhängigkeit der selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk gewarnt. In einem Telefongespräch mit Putin am Montagnachmittag habe Scholz derartige Pläne verurteilt, erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Ein solcher Schritt wäre demnach "ein einseitiger Bruch" der Minsker Abkommen zur friedlichen Beilegung des Konflikts in der Ostukraine.
Scholz habe Putin in dem Gespräch am Nachmittag "zur sofortigen Deeskalation und zum Rückzug" der zusammengezogenen Truppen von der Grenze zur Ukraine aufgefordert, erklärte Hebestreit weiter. Der Kanzler unterstrich demnach, "dass es nun insbesondere im Osten der Ukraine gelte, den Waffenstillstand einzuhalten und Zeichen der Entspannung zu setzen". Russland stehe hier "in einer besonderen Verantwortung".
"Zur Stunde" berate Scholz sich "mit den engsten Partnern", hieß es am frühen Abend weiter. Darunter seien Frankreichs Präsident Emmanuel Macon und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.
Minsker Abkommen sollte Konflikt in Ostukraine befrieden
Die Minsker Abkommen von 2014 und 2015 sollten den Konflikt im Osten der Ukraine befrieden. Sie waren von Vertretern Russlands, der Ukraine, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sowie der "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk unterzeichnet worden.

Die Abkommen sahen unter anderem einen sofortigen Waffenstillstand, einen Abzug der schweren Waffen sowie den Abzug aller ausländischen Söldner und Truppen aus der Ostukraine vor. In Luhansk und Donezk sollten Wahlen abgehalten werden; auch sollte Kiew eine Verfassungsreform verabschieden, die den Separatisten-Gebieten im Donbass einen Sonderstatus eingeräumt hätte.
Seit 2014 Kämpfe in der Ostukraine
In der Ostukraine kämpfen pro-russische Milizen seit 2014 gegen die ukrainische Armee, dabei starben mehr als 14.000 Menschen. Die Gewalt in der Region hatte in den vergangenen Tagen zugenommen und die Furcht vor einem russischen Einmarsch in die Ukraine weiter genährt.
Die Separatisten in den selbsternannten "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk hatten am Freitag die Zivilisten in den von ihnen kontrollierten Gebieten aufgerufen, nach Russland auszureisen. Am Samstagmorgen ordneten sie dann eine "Generalmobilmachung" an.
Am Montag spitzte sich die Lage weiter zu. Die russische Armee tötete nach eigenen Angaben fünf aus der Ukraine kommende "Saboteure" auf russischem Boden. Zuvor hatten russische Nachrichtenagenturen gemeldet, dass von der Ukraine aus ein russischer Grenzposten beschossen worden sei. Die russischen Angaben zu den beiden Vorfällen wurden umgehend von der Regierung in Kiew dementiert.
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