Deutschland hat mit der rückwirkenden Sicherungsverwahrung eines Gewaltverbrechers gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte widersprach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes und verurteilte die Bundesregierung in Berlin an Donnerstag deshalb zur Zahlung von 50.000 Euro Schmerzensgeld an den 52-jährigen Kläger. Der Anwalt des Inhaftierten forderte die sofortige Freilassung seines Mandanten.
Der Mann, ein mehrfach vorbestrafter Gewaltverbrecher, wird seit 18 Jahren im hessischen Schwalmstadt in Sicherungsverwahrung gehalten, weil er immer noch als gefährlich eingestuft wird. Als er 1986 in Marburg wegen versuchten Raubmords zu fünf Jahren Haft und gleichzeitig zu einer Sicherungsverwahrung verurteilt wurde, galt für diese eine Höchstzeit von zehn Jahren. Seit 1998 ist die Sicherungsverwahrung jedoch unbegrenzt. Seine fortdauernde Sicherungsverwahrung wurde damit begründet, die Gesellschaft müsse vor dem Mann geschützt werden. Das Bundesverfassungsgericht hatte dies im Februar 2005 bestätigt.
Der Mann hatte sich darüber beschwert, dass die neue Bestimmung rückwirkend auf ihn angewandt wurde. Eigentlich hätte er im September 2001 freigelassen werden sollen. Der Kläger berief sich bei seiner Grundrechtsbeschwerde auf Artikel 7 der Menschenrechtskonvention (Verbot rückwirkender Strafverschärfung) ebenso wie auf Artikel 5 über das Recht auf Freiheit. Gegen das Urteil können beide Parteien binnen drei Monaten Rechtsmittel einlegen. (AZ: 19359/04)