Nach Russland und der Europäischen Union hat sich auch der Europarat "äußert besorgt" über den Gesundheitszustand der früheren ukrainischen Regierungschefin Julia Timoschenko geäußert. Timoschenkos Hungerstreik werde ihre ohnehin angeschlagene Gesundheit weiter verschlechtern, warnte der Vorsitzende der Parlamentarier-Versammlung des Europarats, Jean-Claude Mignon, in Straßburg.
Der Franzose von der konservativen Regierungspartei UMP appellierte an die Regierung in Kiew, eine Untersuchung und Behandlung Timoschenkos durch "unabhängige Ärzte" zu erlauben. Außerdem müssten Vertreter der internationalen Gemeinschaft die Möglichkeit erhalten, die inhaftierte Oppositionspolitikerin zu besuchen.
Unterdessen bat die Ukraine Deutschland offiziell darum, Timoschenko von deutschen Ärzten behandeln zu lassen. Ein Sprecher des Außenministeriums in Kiew sagte, die Ukraine habe die deutsche Regierung um ihre Mithilfe gebeten, um Ärzten der Berliner Charité eine weitere Reise in die Ukraine zur Untersuchung und Behandlung von Timoschenko zu ermöglichen. Sie war bereits Mitte April von ausländischen Ärzten in der Haft untersucht worden. Der Delegation gehörten auch Charité-Chef Karl Max Einhäupl und der Leiter der Orthopädie, Norbert Haas, an.
Die 51 Jahre alte Timoschenko war nach Angaben ihres Anwalts am Dienstag in einen Hungerstreik getreten. Sie wirft den Behörden vor, sie unter Zwang aus dem Gefängnis in Charkiw in ein nahegelegenes Krankenhaus verlegt zu haben. Als sie sich geweigert habe, mitzukommen und sich von ukrainischen Ärzten untersuchen zu lassen, sei sie vom Gefängnispersonal geschlagen worden. Moskau forderte die Ukraine daraufhin zu einem humanen Verhalten auf. Die EU-Kommission verlangte von der ukrainischen Regierung Auskunft über die Situation Timoschenkos.
Friedrich lehnt Boykott der EM ab
Unterdessen sprach sich der auch für Sport zuständige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) gegen einen möglichen Boykott der Fußball-Europameisterschaft in der Ukraine wegen des Falls Timoschenko aus. "Ich würde nicht mit Boykott drohen", sagte Friedrich in Berlin. Er halte Boykott-Ideen im Bereich des Sports grundsätzlich für nicht geeignet, weil Sport ja eigentlich für das "Völkerverbindende und den fairen Wettbewerb der Jugend" stehe.
Zugleich müsse sich aber die Ukraine, die zusammen mit Polen Gastgeber der Fußball-EM im Juni und Juli ist, kritische Fragen gefallen lassen, sagte Friedrich weiter. Die Bundesregierung habe "sehr klare Erwartungen" mit Blick auf Timoschenko.
Friedrich mahnte die Ukraine, die "Chance, ihr Land positiv zu präsentieren", nicht zu vernachlässigen. Es wäre schade, wenn ein "negatives Image hängenbleiben würde", sagte er. Er gehe aber davon aus, dass es Gespräche und Bemühungen gebe, Reaktionen auch unterhalb der Boykott-Schwelle überflüssig zu machen.