Steigende Staatsdefizite EU-Kommission warnt vor verschärfter Schuldenkrise

Die Schuldenkrise in Europa wird sich nach Einschätzung der EU-Kommission in diesem Jahr noch verschärfen. Laut der Frühjahrs-Konjunkturprognose der Kommission vom Mittwoch steigen die Staatsdefizite in den 27 EU-Staaten 2010 im Schnitt auf den Rekordstand von 7,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Die Schuldenkrise in Europa wird sich nach Einschätzung der EU-Kommission in diesem Jahr noch verschärfen. Laut der Frühjahrs-Konjunkturprognose der Kommission vom Mittwoch steigen die Staatsdefizite in den 27 EU-Staaten 2010 im Schnitt auf den Rekordstand von 7,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die Milliardenhilfen für Griechenland nannte Wirtschaftskommissar Olli Rehn dennoch einen "Einzelfall".

Rehn kündigte für Mittwoch kommender Woche Vorschläge für eine schärfere Haushaltsüberwachung an. "Das Staatsdefizit hat sich seit Beginn der Krise verdreifacht", sagte er zur Begründung. In diesem Jahr verstoßen alle Euro-Länder gegen den Stabilitäts- und Wachstumspakt, der ein Defizit von maximal drei Prozent erlaubt. Zugleich steigt der öffentliche Schuldenstand im EU-Schnitt auf nahezu 80 Prozent an, erlaubt sind nur 60 Prozent. Deutschland und Frankreich fordern deshalb eine Reform des Stabilitätspakts.

Milliardenhilfen nach dem Beispiel Griechenlands schloss Rehn für Spanien und andere Euro-Länder aus. "Griechenland ist der einzige EU-Staat, der jahrelang mit seinen Defizitzahlen betrogen hat", betonte er. Marktgerüchte, Spanien benötige Hilfen von bis zu 280 Milliarden Euro, wies der Kommissar als reine Spekulation zurück. Der Betrag wäre mehr als doppelt so hoch wie der für Griechenland. Die Euro-Länder und der Internationale Währungsfonds (IWF) wollen Athen mit Notkrediten von bis zu 110 Milliarden Euro vor der Pleite bewahren.

Spanien schloss Nachbesserungen an seinem Sparprogramm aus. "Wir müssen zunächst umsetzen, was wir angekündigt haben", sagte Finanzministerin Elena Salgado in Madrid. Spanien, Irland und Portugal haben aber weiterhin große Probleme, sich aus der Schuldenfalle zu befreien. Die mit Griechenland nach ihren Initialen auch "PIGS" genannten Staaten sehen sich derzeit besonders heftigen Angriffen von Spekulanten ausgesetzt. Das irische Defizit schätzt die Kommission in diesem Jahr auf 11,7 Prozent, das ist EU-weiter Rekord. Das spanische Defizit erreicht 9,8 Prozent und das portugiesische 8,5 Prozent.

Präzise Aussagen über die Wirkung der griechischen Sparauflagen in Höhe von 30 Milliarden Euro konnte die Kommission nicht machen. Die Defizitzahlen würden womöglich günstiger ausfallen als die prognostizierten 9,3 Prozent in diesem Jahr und 9,9 Prozent im kommenden, sagte Rehn mit Blick auf die bereits zwei Wochen alten Zahlen in dem Kommissionsbericht. Zur Bedingung für die Milliardenhilfen machen Euro-Staaten und IWF, dass Griechenland sein Defizit von zuletzt 13,6 Prozent bis 2014 wieder unter die Drei-Prozent-Marke drückt.

Auch Deutschland muss gegen seine Schulden ankämpfen. Die Kommission schätzt das deutsche Defizit in diesem Jahr auf fünf und im kommenden Jahr auf 4,7 Prozent. Bisher ging die Kommission für 2011 von etwas besseren 4,6 Prozent aus. Die Wirkung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Steuersenkungen sei dabei "offen", warnte die Kommission die Regierung.

Insgesamt geht die wirtschaftliche Erholung in Europa nach Kommissionsangaben sehr viel langsamer voran als bei früheren Aufschwüngen. "Wie andere Industrienationen auch wird die EU noch lange mit den Folgen der Krise zu kämpfen haben", schreiben die Autoren. In diesem Jahr rechnet die Kommission in der EU mit einem schwachen Wachstum von einem Prozent, im kommenden Jahr mit 1,75 Prozent.

AFP
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