Streit zwischen Israel und der Türkei Westen besorgt über Konflikt um Gaza-Einsatz

Der Streit über den israelischen Militäreinsatz gegen ein türkisches Hilfsschiff könnte die Beziehungen zwischen der Türkei und Israel dauerhaft beschädigen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon wollte versöhnen, doch ein jüngst veröffentlichter Bericht der UN sät neuen Unmut. Berlin fordert von der Türkei, das umstrittene UN-Ergebnis zu akzeptieren.

Die internationale Gemeinschaft hat mit großer Sorge auf die Eskalation des diplomatischen Streits zwischen Israel und der Türkei reagiert. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon äußerte sein "tiefes Bedauern" über den wegen der Erstürmung der Gaza-Flotte durch Israel im Mai 2010 aufgeflammten Konflikt und rief beide Seiten am Samstag zur Versöhnung auf. Dem Appell schloss sich auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) an.

"Ich hoffe wirklich, dass Israel und die Türkei ihre Beziehungen wieder verbessern", sagte Ban vor Journalisten in der australischen Hauptstadt Canberra. Beide Staaten seien "sehr wichtige Länder in der Region" und ein gutes Verhältnis sei wichtig für sämtliche Nahost-Fragen, "darunter den Friedensprozess" zwischen Israel und den Palästinensern.

Die Türkei hatte am Freitag den israelischen Botschafter ausgewiesen und alle Militärabkommen mit Israel auf Eis gelegt. Grund war das Bekanntwerden eines UN-Berichts zur Erstürmung des türkischen Schiffs für den Gazastreifen durch israelische Soldaten, bei dem 2010 neun Aktivisten starben. Der Einsatz wird in dem UN-Bericht als "exzessiv" und "unverhältnismäßig" kritisiert. Zugleich wird die Seeblockade des Gazastreifens durch Israel aber als legal bewertet. Die Türkei kündigte am Freitag an, zur Frage der Blockade den Internationalen Gerichtshof in Den Haag anrufen zu wollen.

Ankara fordert Entschuldigung, Israel bleibt stur

Ban habe durch den von ihm in Auftrag gegebenen Bericht die beiden Länder "wieder zusammenbringen wollen", sagte ein UN-Sprecher am Freitag in New York. Er bedaure sehr, dass dies nicht gelungen sei. Die USA riefen Israel und die Türkei auf, ihre langjährigen Beziehungen wieder zu verbessern. "Wir ermuntern beide Seiten, auf dieses Ziel hinzuarbeiten", hieß es im US-Außenministerium. Die Türkei hatte als erster mehrheitlich muslimischer Staat Israel 1949 anerkannt.

Ankara verlangt eine Entschuldigung Israels für den Vorfall im Mai 2010 und hatte die Vorstellung des UN-Berichts als letzte Chance dafür bezeichnet. Israels Mission bei den Vereinten Nationen veröffentlichte indes eine Erklärung, in der sie den Bericht als "ernsthaftes" und "vollständiges" Dokument begrüßt. Israel bedaure den Verlust von Menschenleben. Das Wort "Entschuldigung" kommt aber nicht vor.

"Schlecht und politisch motiviert": PNA weist UN-Bericht zurück

Westerwelle und sein französischer Kollege Alain Juppé riefen beide Seiten zum Dialog auf. "Wir rufen alle Beteiligten auf, hier keine neuen Verschärfungen ins Spiel zu bringen, sondern auf Entspannung und Gesprächsfähigkeit hinzuarbeiten", sagte Westerwelle im polnischen Sopot am Rande eines Treffens der EU-Außenminister. Die Bundesregierung sehe den Konflikt "mit großer Sorge".

Es habe eine "unabhängige und transparente Untersuchung" gegeben, sagte Westerwelle. "Diese Ergebnisse sollten ernst genommen werden, selbst wenn sie dem einen oder anderen in bestimmten Aspekten nicht gefallen." Er habe auch dem türkischen Außenminister Ahmet Davutoglu seine Meinung gesagt.

Die Palästinensische Autonomiebehörde (PNA) wies den UN-Bericht als "schlecht und negativ" zurück. Es handle sich um einen "politisch" motivierten Bericht, der das Völkerrecht verletze, sagte der palästinensische Chefunterhändler Sajeb Erakat AFP. Israels Vorgehen im Gazastreifen habe ein "Niveau von Kriegsverbrechen" erreicht. Die im Gazastreifen regierenden Hamas wertete den UN-Bericht ebenfalls als "ungerecht" und "unausgewogen".

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AFP/DPA