Diese Eskalation war vorhersehbar. Nachdem die "New York Times" den UN-Bericht zu dem blutigen israelischen Militäreinsatz gegen eine Gaza-Hilfsflotte vorab veröffentlicht hat, verschärft sich der Streit zwischen Istanbul und Tel Aviv: Die Türkei wies den israelischen Botschafter aus. Zugleich seien alle militärischen Verträge mit Israel vorerst ausgesetzt, sagte der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu am Freitag.
Das Blatt hatte am Donnerstag berichtet, dass in dem mit Spannung erwarteten UN-Bericht der israelische Einsatz als "exzessiv" und "unverhältnismäßig" kritisiert wird. Die israelische Seeblockade des Gazastreifens wird demnach aber als "rechtmäßig und angemessen" bezeichnet. Bei der Erstürmung des türkischen Schiffes "Mavi Marmara" durch israelische Sicherheitskräfte waren Ende Mai vergangenen Jahres neun türkische Aktivisten getötet worden. Die Schiffe der Flotte hatten Hilfsgüter und Spielsachen für die Palästinenser im besetzten Gazastreifen an Bord.
Die Türkei beharrt auf einer Entschuldigung für den Militäreinsatz. Wenn die israelische Regierung nicht bis zur offiziellen Veröffentlichung eines UN-Berichtes Abbitte leiste, werde Ankara einen Plan B in Kraft setzen, zitierten türkische Medien am Freitag Außenminister Ahmet Davutoglu. Bei einem Treffen mit US-Außenministerin Hillary Clinton am Rande der Libyen-Konferenz in Paris machte Davutoglu demnach aber keine genauen Angaben zu den Plänen seines Landes. Türkische Medien berichteten, die diplomatischen Beziehungen und die Zusammenarbeit mit Israel sollten weiter eingeschränkt werden.
Israel selbst reagierte zunächst zurückhaltend. Der Bericht "bestätigt die Rechtmäßigkeit" der Seeblockade vor dem Gazastreifen, sagte am Freitag ein ranghoher Mitarbeiter der israelischen Regierung, der namentlich nicht genannt werden wollte. Eine offizielle Reaktion Israels wird erst erwartet, wenn UN-Generalsekretär Ban Ki Moon den Bericht veröffentlicht. Der UN-Bericht rät Israel nach Angaben der "New York Times" , Entschädigungen zu zahlen und den Verlust an Menschenleben als bedauerlich zu bezeichnen. Entschädigungen hat Israel Medienberichten zufolge abgelehnt. Sein Bedauern hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu aber bereits geäußert.