Der Terror in Russland reißt nicht ab: Zwei Tage nach den Anschlägen in der Moskauer Metro sind bei neuen Selbstmordattentaten diesmal im Konfliktgebiet Nordkaukasus mindestens zwölf Menschen getötet worden. Das teilte das russische Innenministerium nach Angaben der Agentur Interfax am Mittwoch mit. Zwei Männer sprengten sich demnach in der Stadt Kisljar in der russischen Teilrepublik Dagestan in die Luft. Einer der Täter soll eine Polizeiuniform getragen haben. 27 Menschen wurden verletzt, acht von ihnen lebensgefährlich.
Zahlreiche Polizisten unter den Opfern
Nach Einschätzung von Regierungschef Wladimir Putin stecken hinter dem Selbsmordattentat möglicherweise die gleichen Drahtzieher wie bei den Anschlägen auf die Moskauer U-Bahn am Montag. "Ich schließe nicht aus, dass hier die gleichen Banditen am Werk waren", sagte Putin laut Interfax am Mittwoch bei einer Kabinettssitzung. Am Montag hatten zwei Selbstmordattentäterinnen in der Moskauer Metro 39 Menschen in den Tod gerissen. Der Inlandsgeheimdienst FSB machte Terroristen aus dem Nordkaukasus für das Blutbad verantwortlich.
Am Dienstag hatte Putin die Sicherheitskräfte bereits mit drastischen Worten zur Suche nach den Drahtziehern der Moskauer Anschläge aufgefordert. Die Komplizen und Hintermänner müssten "vom Boden der Kanalisation gekratzt und ans Tageslicht gebracht" werden, sagte er im russischen Fernsehen.
Der russische Innenminister Raschid Nurgalijew ordnete scharfe Sicherheitsvorkehrungen an öffentlichen Gebäuden im Nordkaukasus an. Zugleich kündigte er eine "harte Antwort" auf die jüngste Anschlagsserie an.
In Dagestan zündete einer der beiden Selbstmordattentäter seinen Sprengsatz am Mittwochmorgen in der Nähe eines Schulgebäudes. Kinder hielten sich dort zu dem Zeitpunkt nicht auf. Am Tatort liegen auch Dienststellen des Innenministeriums und des Geheimdienstes FSB, wie Nurgalijew sagte. Unter den Opfern waren vor allem Polizisten. Kremlchef Dmitri Medwedew wies die dagestanischen Behörden an, die Familien der Opfer zu unterstützen.
Den "Krieg" tiefer ins russische Kernland tragen
Die Sicherheitskräfte hatten den Fahrer eines Autos im Stadtzentrum nach Polizeiangaben angehalten, um ihn zu kontrollieren. Daraufhin habe der Mann am Steuer einen Sprengsatz, den er bei sich hatte, gezündet. Zwei Polizisten und eine Passantin starben. Als sich am Tatort eine Menschenmenge bildete, habe sich ein zweiter Attentäter in Polizeiuniform in die Luft gesprengt.
Im Nordkaukasus kommt es immer wieder zu schweren Anschlägen islamistischer Untergrundkämpfer, die für einen unabhängigen Gottesstaat kämpfen. Die Islamisten hatten zuletzt gedroht, den "Krieg" tiefer ins russische Kernland zu tragen. Nach den Moskauer Anschlägen sollten am Mittwoch die ersten Opfer beerdigt werden. Am Dienstag hatte die russische Hauptstadt einen "Tag der Trauer" angesetzt. Die Angst vor neuen Anschlägen war auch bei den Hauptstädtern weiter groß.
Im Konfliktgebiet Nordkaukasus starben allein 2009 bei Kämpfen zwischen russischen Sicherheitskräften, kriminellen Banden und islamistischen Rebellen mehr als 1000 Menschen, unter ihnen auch viele Zivilisten. Der Kreml versucht seit Jahren, Ruhe in die Region zu bringen. In dem Gebiet, in dem auch die Unruhe-Republiken Tschetschenien und Inguschetien liegen, sind 23.000 Sicherheitskräfte stationiert.