Hat man den Ton ausgeschaltet, hat man ein gewöhnliches Schminkvideo vor sich. Eine 17-Jährige scheint ihren Followern zu erklären, wie man sich am besten die Wimpern schminkt. Eine völlig andere Botschaft vermittelt der Clip von Feroza Aziz ab Sekunde zehn: Sie bittet ihre Zuschauer darum, jetzt die chinesischen Internierungslager in Xinjiang zu googeln, und vergleicht den Umgang Pekings mit den Uiguren mit dem Holocaust.
Drei solcher Videos lud Aziz zwischen Sonntag und Montag auf die Videoplattform TikTok hoch. Eine Kopie erschien auch auf Twitter, und später auf Facebook und Instagram. Innerhalb weniger Stunden sahen Millionen von Menschen den Clip.
Umgang mit Uiguren kein Thema in China
Während die China Leaks, die Berichte über die Internierungslager in der westchinesischen Provinz Xinijang, in den vergangenen Tagen die Schlagzeilen der westlichen Presse bestimmt haben, bekam man in China davon nichts mit. Die chinesische Regierung bezeichnet die Lager als "Ausbildungszentren".
Das chinesische Netz ist seit Jahren stark zensiert. In den vergangenen Jahren hat sich dies nochmals verschlimmert. Nahezu alle sozialen Plattformen wie Facebook, Instagram, Twitter und zahlreiche Nachrichten-Websites sind gesperrt (darunter auch stern.de) Sogar der Messenger-Dienst WhatsApp ist ohne eine Virtual Private Network (VPN) nicht benutzbar. Der chinesischen Regierung geht es dabei auch darum, eigene Tech-Unternehmen zu stärken, indem sie den riesigen Markt vor ausländischen Unternehmen abschirmt. So konnte die chinesische App WeChat, die Whatsapp, Facebook, Twitter und Paypal in einem ist, erst richtig groß werden.
In Hongkong "nur ein paar Krawallmacher" aktiv?
Das weitaus stärkere Motiv der chinesischen Regierung aber ist die Kontrolle über den Nachrichtenfluss. So gelang es Peking auch in den vergangenen Monaten, das Narrativ über die Unruhen in Hongkong zu bestimmen: Dort seien es lediglich ein paar Krawallmacher, die Unruhe stiften, während sich die schweigende Mehrheit nichts als Ordnung und Stabilität wünsche. Die Wahlergebnisse vom vergangenen Sonntag haben dabei recht deutlich gezeigt: Die Mehrheit der Hongkonger steht hinter den Demonstranten.

Die Videoplattform TikTok, die in China Douyin heißt und hinter der die Pekinger Firma Bytedance steht, macht da keine Ausnahme. Allerdings behauptete das Unternehmen bisher, man würde nur Inhalte innerhalb Chinas zensieren. Außerhalb der Volksrepublik seien alle Inhalte zugänglich.
"Warte noch auf Erklärung von TikTok"
Feroza Aziz sagt auf ihrem Twitter-Account, ihr TikTok-Konto sei in der Vergangenheit schon mehrmals gesperrt worden. Dies soll auch unmittelbar geschehen sein, nachdem sie die Videos über die Lage in Xinjiang hochgeladen hatte. Bytedance dagegen behauptet, dies sei nicht der Fall. Der Grund für frühere vorübergehende Sperren, seien terroristische Inhalte gewesen. Am Montag twittert Aziz, sie habe noch keine Antwort von TikTok bekommen und warte noch auf die Erklärung, warum ihr Account gesperrt worden sei.
Zeitgleich berichten mehrere US-Amerikaner, dass auch ihre WeChat-Accounts außerhalb Chinas gesperrt wurden. Dies geschah, nachdem sie sich über den Wahlsieg der pro-demokratischen Partei in Hongkong ausgetauscht hatten. Bin Xie, ein chinesisch-stämmiger Amerikaner sagte dem Magazin "Verge": "Wenn es in China Zensur gibt - meinetwegen. Aber in diesem Land?" Sein Account war gesperrt worden, nachdem er geschrieben hatte "Die Pro-Peking-Kandidaten haben auf voller Linie verloren". WeChat gehört dem chinesischen Konzern Tencent und ist der wichtigste Messenger-Dienst in China.
Quellen: "Theverge.com", Feroza Aziz auf Twitter.