Tory-Chef David Cameron Mit jugendlichem Image gegen Labour

Tory-Chef David Cameron galt lange Zeit als sicherer Kandidat für das Präsidentenamt. Doch seine Mehrheit bröckelt, es droht ein Pakt mit den Liberaldemokraten.

Bei seinem Amtsantritt im Dezember 2005 wurde Tory-Chef David Cameron häufig mit Tony Blair in jüngeren Jahren vergleichen. Sein telegenes Auftreten, seine Lebhaftigkeit, sein Wortwitz und leidenschaftlicher Einsatz für seine Ziele erinnerten an die Anfangszeit des damaligen britischen Premierministers. Und wie Blair von der sozialdemokratischen Labour Party studierte auch der Konservative Cameron an der renommierten Universität Oxford.

Zuvor besuchte der heute 43-Jährige Oppositionsführer das Elite-Internat Eton - genau wie die Prinzen William und Harry, die Söhne des britischen Thronfolgers Prinz Charles. Sein Lebenslauf sei "scheußlich privilegiert", gibt Cameron denn auch unumwunden zu. Dazu gehört auch, dass der Sohn eines erfolgreichen Börsenmaklers mit der Tochter eines Baronets verheiratet ist. Und laut dem Adelsführer Debrett's ist er selbst über eine uneheliche Tochter von König Wilhelm IV. dessen Urururururenkel und damit ein Cousin zweiten Grades von Königin Elizabeth II.

Als Cameron Ende 2005 die Führung der Konservativen übernahm, wurde ihm mangelnde politische Erfahrung zur Last gelegt. Er saß zu diesem Zeitpunkt nämlich erst seit vier Jahren im Londoner Unterhaus. Zuvor war er Berater des früheren Premierministers John Major und seit 1988 in der Forschungsabteilung der Tories tätig.

Nach seinem Einzug ins Parlament 2001 erwarb sich Cameron aber rasch einen Ruf als eloquenter Pragmatiker. Vor der Übernahme der Parteiführung war er bildungspolitischer Sprecher und setzte sich nicht zuletzt für die Förderung behinderter Kinder ein. Cameron hatte selbst einen behinderten Sohn, der an zerebraler Kinderlähmung litt und Anfang 2009 im Alter von knapp sieben Jahren starb.

Mit jugendlichem Image gegen verbrauchte Labour-Führer

Der neue Tory-Chef versprach seinerzeit, die Partei, die von Kritikern als altmodisch und viel zu rechtsgerichtet gebrandmarkt wurde, weiter in die politische Mitte rücken. Mit einer Kombination aus sozialem Verantwortungsbewusstsein und freier Marktwirtschaft wollte er die Konservativen nach drei vernichtenden Wahlniederlagen seit 1997 wieder zurück an die Macht führen. Und dafür schienen die Chancen nicht schlecht zu stehen.

Von Anfang an lobten die Medien das erfrischende Auftreten Camerons. Neben dem 13 Jahre älteren Blair, der nach fast einem Jahrzehnt Regierungszeit Verschleißerscheinungen zeigte, wirkte er jugendlich und unverbraucht. Dieses Image verstärkte sich noch, als Blair das Amt des Premierministers im Sommer 2007 an Gordon Brown abgab. Der heute 59-jährige Brown galt schon immer als grüblerisch und mürrisch - und damit als krasses Gegenteil von Cameron.

Große Abneigung gegen Verhältniswahlrecht

Lange Zeit lagen die Tories in den Umfragen deutlich vorn, zeitweise bis zu 14 Prozentpunkte vor Labour. Doch Brown konnte diesen Abstand allmählich verringern, und schließlich baute sich eine noch viel gefährlichere Hürde für Cameron auf: Durch den rasanten Aufstieg der Liberaldemokraten unter dem ebenfalls jugendlich wirkenden Nick Clegg droht ein sogenanntes Hängeparlament, in dem keine Partei die absolute Mehrheit erringt.

Diese in Großbritannien sehr ungewöhnliche Situation könnte Cameron letztlich das Amt des Premierministers kosten. Clegg könnte zum Königsmacher werden, und als Preis für die Beschaffung einer Regierungsmehrheit würde er eine Reform des britischen Mehrheitswahlrechts verlangen. Cameron hat jedoch mehrfach seine Ablehnung eines Verhältniswahlrechts bekundet, weil er hierin die Gefahr einer langfristigen Allianz zwischen Labour und Liberaldemokraten sieht. Die politische Zukunft des Tory-Chefs ist also genauso ungewiss wie der Ausgang der Unterhauswahl am kommenden Donnerstag.

APN
Ed Johnson, APN