Ukraine-Krieg EU wird Visa-Abkommen mit Russland vollständig aussetzen

Russische Touristen EU
Russische Touristen am Grenzübergang zur EU in Nuijamaa, Finnland
© Alessandro Rampazzo / AFP
Deutschland hat sich im EU-Streit über die Vergabe von Visa an Russen durchgesetzt. Ein weitreichendes Einreiseverbot wird es vorerst nicht geben – dafür aber deutlich mehr Flexibilität bei der Bearbeitung von Anträgen.

Die EU wird ein mit Russland geschlossenes Abkommen zur Erleichterung der Visa-Vergabe für Reisende vollständig aussetzen. Das kündigte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nach Beratungen der Außenminister in Prag an. Der Schritt ist eine weitere Strafmaßnahme in Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, der seit mehr als einem halben Jahr andauert.

"Signale gegenüber der russischen Gesellschaft"

Er zielt darauf ab, den Mitgliedstaaten unkompliziert Einreisebeschränkungen für Russinnen und Russen zu ermöglichen und die Kosten und den Aufwand für Antragsteller zu erhöhen. So wird zum Beispiel die grundsätzliche Festschreibung der Visumgebühr auf 35 Euro wegfallen und auch die Regelbearbeitungszeit von zehn Kalendertagen nach Antragseingang soll nicht mehr gelten. Borrell sagte, das Aussetzen des Visa-Abkommens werde die Zahl der neu ausgestellten Visa signifikant reduzieren.


Zuletzt hatte die Ukraine die EU aufgerufen, ihre Grenzen für russische Staatsbürger dicht zu machen. Die EU-Länder Estland, Lettland, Finnland und Tschechien haben ihre Grenzen für sie bereits geschossen oder planen es, wie etwa Polen. Der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala sprach von nötigen "Signalen gegenüber der russischen Gesellschaft" gegen den Krieg. Viele EU-Bürger sind empört darüber, dass russische Staatsbürger für Einkaufstouren und Urlaube in die EU reisen, während in der Ukraine Tausende Menschen wegen des Krieges sterben.

Eine Million Russen in EU

Bundesaußenminister Annalena Baerbock sagte, eine Konsequenz sei, dass die Antragstellung für Russen künftig im Zweifel Monate dauern könne. Gleichzeitig wird es nach ihren Angaben weiterhin möglich sein, zum Beispiel Studenten und Journalisten die Einreise zu ermöglichen. Ziel sei es auch zu verhindern, dass sich die Menschen aus Frust über westliche Sanktionen eher gegen die EU wenden als gegen ihren eigenen Präsidenten.

Bislang war das 2007 in Kraft getretene Visaerleichterungsabkommen nur für Geschäftsleute, Regierungsvertreter und Diplomaten außer Kraft gesetzt. Diese Entscheidung war am 25. Februar kurz nach dem Beginn der russischen Invasion in die Ukraine getroffen worden. Seitdem sind laut der EU-Grenzschutzagentur Frontex rund eine Million Russinnen und Russen über den Landweg in die EU gereist, zumeist als Touristen. Deutschland hat seitdem etwa 15.000 Visa ausgestellt, etwa halb so viele wie vor dem Krieg. In den vergangenen Wochen ist die Nachfrage nach Schengen-Visa um rund 40 Prozent angestiegen. Grund dürfte die Diskussion über den Visa-Bann sein.

DPA · AFP
nik