Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach Beginn einer massiven russischen Bodenoffensive von einem "heftigen Kampf" in der ostukrainischen Region Charkiw gesprochen. "Russland hat eine neue Welle von Gegenoffensivaktionen gestartet", sagte Selenskyj bei einer Pressekonferenz. "Die Ukraine begegnete ihnen dort mit unseren Truppen, Brigaden und Artillerie."
Das Verteidigungsministerium in Kiew hatte zuvor erklärt, die russischen Streitkräfte hätten am frühen Morgen in Charkiw versucht, mit gepanzerten Fahrzeugen die ukrainischen Verteidigungslinien zu durchbrechen. Weiter hieß es aus dem Ministerium, die Angriffe seien "zurückgedrängt" worden, es fänden jedoch weiterhin "Kämpfe unterschiedlicher Intensität" statt.
Ziel der Angriffe war demnach die ukrainische Stadt Wowtschansk, die etwa 40 Kilometer nordöstlich von der Millionenstadt Charkiw dicht an der Grenze liegt. Bislang seien die Angriffe abgewehrt worden, erklärte das Verteidigungsministerium. Die Kämpfe dauerten in unterschiedlicher Intensität an. Unabhängig waren diese Angaben nicht zu überprüfen.
Neue russische Offensive in der Ukraine schon länger befürchtet
Über eine mögliche russische Offensive bei Charkiw wird seit Wochen spekuliert. Es gibt Berichte, dass die russischen Truppen dort mehrere Zehntausend Mann zusammengezogen haben. Für den Ernst der Lage spricht, dass das Verteidigungsministerium in Kiew sich dazu äußerte, nicht wie sonst der Generalstab. "Zur Verstärkung der Verteidigung an diesem Frontabschnitt werden Reserven herangeführt", teilte das Ministerium mit.
Schon am Tag zuvor sei der Frontabschnitt bei Wowtschansk von russischen Kampfflugzeugen aus der Luft mit Gleitbomben bombardiert worden. Über Nacht habe dann die russische Artillerie die vordersten ukrainischen Stellungen beschossen zur Vorbereitung des Angriffs. Auch der russische Militärblogger Rybar beschrieb die Kämpfe bei Wowtschansk: Es gehe zunächst darum, die Kampfzone auszuweiten und im Gefecht die feindlichen Stellungen aufzuklären.
Russland versuchte seit Beginn seiner Invasion im Februar 2022, die Grenzregion Charkiw zu erobern. Zwar mussten sich die russischen Truppen im Herbst 2022 weitgehend von dort zurückziehen, doch wie überall an der Front haben sie seit dem Scheitern der ukrainischen Gegenoffensive im Sommer 2023 auch dort wieder die Initiative übernommen.