Krieg in der Ukraine USA oder doch lieber Japan? Selenskyj sagt Rede vor Senatoren ab – und Putin reist nach Dubai

Ukraine: Präsident Wolodymyr Selenskyi während eines Interviews
Ukraine: Präsident Wolodymyr Selenskyi während eines Interviews
© Efrem Lukatsky / AP / DPA
Die Ukraine ist weiter auf militärische Unterstützung aus dem Ausland angewiesen. In Washington wollte Selenskyj um Hilfe bitten. Doch das klappt nicht. Die Nacht im Überblick.

Vor dem Tag der Streitkräfte in der Ukraine am Mittwoch hat Präsident Wolodymyr Selenskyj allen gedankt, die im Abwehrkampf gegen die russische Invasion stehen – Soldaten wie freiwilligen Unterstützern. "Ruhm allen, die für die Ukraine und die Ukrainer kämpfen und arbeiten!", sagte er in seiner Videoansprache am Vorabend des Feiertages.

Die Ukraine wehrt seit Februar 2022 einen großangelegten russischen Einmarsch ab und ist dabei auf ausländische Unterstützung angewiesen. Das Einwerben von Hilfe erlitt jedoch einen Rückschlag: Eine Videoschalte Selenskyjs nach Washington, um Mitglieder des US-Senates von einer Fortsetzung der Hilfen zu überzeugen, wurde am Dienstag kurzfristig abgesagt. In letzter Minute sei etwas dazwischen gekommen, sagte der demokratische Mehrheitsführer Chuck Schumer.

In der Nacht auf Mittwoch herrschte über weiten Teilen der Ukraine wieder Luftalarm. Russland griff nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe erneut mit Kampfdrohnen an. Am Mittwoch ist nach Zählung der ukrainischen Militärs der 651. Tag des Krieges.

Selenskyj sagt Washtington ab und spricht stattdessen in Japan

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird am Mittwoch an einem von Japans Regierungschef Fumio Kishida geleiteten Video-Gipfel der G7-Staats- und Regierungschefs teilnehmen. Selenskyj werde dem ersten Teil des Treffens zugeschaltet, sagte der japanische Regierungssprecher Hirokazu Matsuno vor Journalisten. Bei dem Gipfel würden "wichtige Themen für die internationale Gemeinschaft, wie die Situation in der Ukraine und die Lage im Nahen Osten" erörtert, fügte er hinzu.

Kurz zuvor hatte der ukrainische Präsident einen ebenfalls virtuellen Auftritt vor dem US-Kongress überraschend abgesagt. Laut dem Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, war "in der letzten Minute etwas dazwischengekommen". Im Vorfeld war erwartet worden, dass Selenskyj am Dienstag vor den Mitgliedern der Kongresskammer um weitere Militärunterstützung für sein Land wirbt.

In Washington wurden keine Angaben gemacht, warum die Videoschalte des ukrainischen Staatschefs mit den US-Senatoren kurzfristig abgesagt wurde. Selenskyjs Stabschef Andrij Jermak schrieb auf X (früher Twitter), dass er zu Gesprächen in der US-Hauptstadt sei.

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Der demokratische Senator Schumer appellierte vor Journalisten an seine republikanischen Kollegen, weitere US-Hilfen schnell zu genehmigen. US-Präsident Biden hatte das Parlament im Oktober um 61,4 Milliarden Dollar (56,5 Milliarden Euro) für die Ukraine gebeten. Eine Einigung im Repräsentantenhaus wird jedoch unter anderem dadurch erschwert, dass es innerhalb der republikanischen Fraktion Uneinigkeit über die Ukraine-Hilfen gibt.

Pistorius: Wir liefern, was wir können – Opposition will mehr

In Deutschland räumte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) Verzögerungen bei Waffenlieferungen an die Ukraine ein. Zugleich sagte er, die Kapazitäten würden so schnell wie möglich hochgefahren. "Wir haben gerade das Problem, das ist bekannt, dass die Rüstungsindustrie in bestimmten Bereichen nicht so schnell liefern kann, wie die Bedarfe da sind", sagte er im ZDF-"Heute Journal". Deutschland sei aber bei den Waffenlieferungen inzwischen der zweitgrößte Unterstützer der Ukraine. "Wir liefern, was wir können."

Der CDU-Verteidigungspolitiker Henning Otte forderte, die Bundesregierung solle die Militärhilfe ausweiten. "Der Frontverlauf wird sich trotz vieler Verluste voraussichtlich in den Wintermonaten nicht grundlegend ändern. Umso wichtiger bleibt eine langfristige Unterstützung der Ukraine", sagte der Vizevorsitzende im Verteidigungsausschuss der Deutschen Presse-Agentur.

Die Regierung solle ihre ablehnende Haltung zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern aufgeben. "Mit der Lieferung von Taurus könnte die Ukraine die voraussichtlich zunehmenden russischen Raketenangriffe an der Raketen-Basis bekämpfen", sagte Otte. Der Taurus ist einer der modernsten Flugkörper der Luftwaffe mit einer Reichweite um 500 Kilometer.

Eine weitere Nacht mit russischen Drohnenangriffen

Russland griff das Nachbarland nach ukrainischen Angaben in der Nacht zu Mittwoch erneut mit Kampfdrohnen an. Die ukrainische Luftwaffe meldete zunächst Gefahr für den Süden des Gebietes Odessa. Später flog eine weitere Gruppe von Shahed-Drohnen iranischer Bauart über das Gebiet Mykolajiw. Dann wurde der Luftalarm auf die Zentralukraine und die Hauptstadt Kiew ausgeweitet.

Zugleich teilte die ukrainische Luftwaffe mit, sie habe über dem Westen des Schwarzen Meeres nahe der Schlangeninsel einen russischen Kampfbomber vom Typ Suchoi Su-24 abgeschossen. Selenskyj bestätigte den Abschuss in seiner Videoansprache.

Ukraine: Wohnungen für heldenhafte Soldaten

Ukrainische Soldaten, denen die höchste Auszeichnung als "Held der Ukraine" verliehen worden ist, bekommen künftig vom Staat eine Wohnung. Selenskyj übergab in Kiew die ersten 21 Besitzurkunden an die Soldaten oder – falls sie nach dem Tode ausgezeichnet wurden – an deren Hinterbliebene übergeben. Seit Beginn der russischen Invasion im Februar 2022 sind etwa 360 Soldaten als "Held der Ukraine" ausgezeichnet worden. 210 von ihnen erhielten die Ehrung posthum.

Putin auf dem Weltklimagipfel

Trotz eines internationalen Haftbefehls besucht der russische Präsident Wladimir Putin am Mittwoch die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien. Nach Angaben des Kreml wird Putin, gegen den ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) vorliegt, bei dem "Arbeitsbesuch" in den Emiraten mit Präsident Mohammed bin Sajed al-Nahjan zusammentreffen, um über die Zusammenarbeit beider Länder und die Lage im Nahen Osten zu sprechen. In Riad wird der Kreml-Chef vom saudiarabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman empfangen.

Bei den Gesprächen in Riad geht es nach Angaben des Kreml um Handel, Investitionen und internationale Politik. Laut Kreml-Sprecher Dmitri Peskow will Putin insbesondere über den Nahost-Konflikt sowie die vom Ölkartell Opec+ beschlossene Drosselung der Ölfördermengen sprechen. Ob Putin auch die UN-Klimakonferenz besuchen wird, die gerade in Dubai in den Emiraten stattfindet, war zunächst unklar. In den Emiraten und in Saudi-Arabien muss Putin trotz des gegen ihn vorliegenden Haftbefehls nicht mit einer Festnahme rechnen, da beide Länder keine Vertragsparteien des IStGH in Den Haag sind.

Das wird am Mittwoch wichtig

In den USA berät die Rüstungsbranche mit ukrainischen Vertretern über Waffenproduktion. Das Weiße Haus teilte mit, man wolle die "Möglichkeiten für Koproduktionen und andere industrielle Kooperationen in der Ukraine" erkunden.

DPA
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