Von der Krise im Nahen Osten geht im Moment keine größere Gefahr aus als vom Ukraine-Krieg, sagt der Sicherheitsexperte Christian Mölling im stern-Podcast "Ukraine – die Lage". Er verweist darauf, dass Iran zwar drohe, aber bislang eine direkte Beteiligung an dem Konflikt vermeide. Die USA hätten deutlich gemacht, dass dies Konsequenzen nach sich ziehen würde, die bis zur Zerstörung des Regimes in Teheran reichen könnten.
Russland destabilisiert Nahen Osten
"Wir sind ja noch nicht so weit, dass der militärische Konflikt den Iran schon mit beinhaltet", sagt der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Russland wirft Mölling vor, eine Destabilisierung des Nahen Ostens anzustreben. Die Moskauer Führung zeige sich Israel gegenüber ausgesprochen unfreundlich, während Israel sich aus dem Ukraine-Konflikt weitgehend rausgehalten hat. "Das hat etwas damit zu tun, dass viele Menschen in Israel aus Russland oder der ehemaligen Sowjetunion stammen", sagt er. Es gebe so etwas wie eine "gesellschaftliche Verbindung". In der Nacht war Russland bei den Vereinten Nationen mit dem Entwurf einer Nahost-Resolution gescheitert, die die Hamas gar nicht erwähnt.
Mölling betont, dass Israel vor einem "militärischen Dilemma" stehe. "Wie soll denn Israel unter dem permanenten Beschuss seine Sicherheit wiederherstellen, wenn es nicht die Stellungen der Hamas im Gazastreifen angreift?", fragt er. Wenn Abschussanlagen für Raketen aber auf den Dächern von Wohnhäusern installiert seien, sei es nicht möglich, diese zu zerstören, ohne auch Zivilisten zu treffen. Dies wecke Befürchtungen auch bei den Freunden Israels: "Alle westlichen Staaten haben auch aufgrund der sehr martialischen Rhetorik der israelischen Regierung Angst vor den Bildern, die da produziert werden könnten von einem massiven Angriff auf den Gazastreifen."
Fototermin für Scholz in Tel Aviv
Mölling erinnerte daran, dass Bundeskanzler Olaf Scholz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine lange gezögert habe, nach Kiew zu reisen, wenn dabei wenig mehr als ein Foto herauskomme. Nun reise er nach Tel Aviv, um seine Solidarität zu bekunden. "Ich bin gespannt, wie dieses Foto rezipiert wird, wenn tatsächlich in ein paar Wochen dramatische Bilder aus dem Gazastreifen da sind."