Die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland wird nach Einschätzung des Sicherheitsexperten Christian Mölling den Schutz vor einer russischen Aggression verbessern. Mölling sagte am Freitag im stern-Podcast "Die Lage – international", durch die Raketen werde "die militärische Kalkulation für Moskau verändert". Wenn die neuen Waffen einsatzbereit seien, werde es für Russland "teurer oder risikoreicher, Nato-Gebiet anzugreifen". Er betonte, dass es keine Alternative zur Vorbereitung auf die Möglichkeit eines russischen Angriffs gebe. "Es gibt keinen Baum, der groß genug ist, dass wir uns dahinter verstecken können", sagte der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.
Die NATO habe lange darauf gesetzt, dass Russland ein Partner sein könne und es viele Jahre dauere, bis sich ein Konflikt so entwickelt, dass er bedrohlich werde. Diese Haltung habe das Bündnis 2022 aufgegeben und erkannt, dass es in Europa Krieg mit Russland geben könne. "Jetzt zieht man die Konsequenzen daraus." Die Amerikaner müssten dazu wieder den Europäern helfen, die es versäumt hätten, sich selbst auf die Herausforderungen einzustellen. Mölling kritisierte Bundeskanzler Olaf Scholz dafür, wie er den Wandel kommuniziert habe. Er müsse nun deutlicher erklären, warum so gehandelt werde. Aber Mölling sagte auch: "Es ist trotzdem eine Leistung, dass hinter den Kulissen so weit verhandelt zu haben, dass diese Systeme kommen."
Mölling: Es gibt einen Konflikt mit Moskau
Mölling argumentierte, dass Russland neue Waffenarsenale geschaffen habe und damit auch neue Fähigkeiten zum Angriff erworben habe. Auf der anderen Seite habe der Westen sein gigantisches Potential aus den Zeiten der Ost-West-Konfrontation aufgegeben. "Wir haben den ganzen Kram abgerüstet", sagte Mölling. Wenn es so etwas wie „eine Stabilität durch Schrecken" gebe, müsse der Westen in Rüstung investieren. "Auch wenn wir keinen Schießkrieg haben, haben wir mit Moskau einen Konflikt", sagte der Experte. Die Bedrohung werde dadurch gesteigert, dass Russland anders als die alte Sowjetunion nicht in klar beschriebenen und akzeptierten Grenzen existiere. "Stabilität ist ein Feind von Russland", sagte er, „das russische Machtsystem läuft über Gewalt und Drohung und Chaos."
Mölling kritisierte, dass es der Nato bei ihrem Gipfel in Washington nicht gelungen ist, sich auf eine stetige Unterstützung der Ukraine für einen längeren Zeitraum zu verständigen. "Wir sind da im Grunde genommen prekär unterwegs", sagte er. Mölling betonte, dass dies der außergewöhnlichen Lage nicht gerecht werde: "Wir sagen Moskau zurzeit: Wir können ganz wenig."
Die USA wollen Marschflugkörper wie die "Tomahawk" 2026 nach Deutschland verlegen. Die Raketen mit einer Reichweite von bis zu 2500 Kilometern könnten auch Russland treffen.