Podcast "Ukraine – die Lage" Russland und USA suchen keine Konfrontation in Nahost – Ukraine- und Israel-Krieg könnten sich trotzdem vermischen

Rauch steigt nach einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen auf
Rauch steigt nach einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen auf
© Hatem Ali / AP / DPA
Nach Einschätzung des Sicherheitsexperten Chistian Mölling könnten sich der Krieg in der Ukraine und die Auseinandersetzungen in Nahost zu einem Flächenbrand entwickeln. Zudem warnt er davor, dass die Bilder aus dem Gazastreifen die Unruhen in Deutschland befeuern könnten.

Der Konflikt im Nahen Osten könnte nach Einschätzung des Sicherheitsexperten Christian Mölling zu einem Teil der Auseinandersetzungen um den russischen Angriffskrieg in der Ukraine werden. Mölling sagte am Freitag im stern-Podcast "Ukraine – die Lage", wir "könnten ganz schnell in einer Situation sein, wo wir es nicht mehr mit zwei getrennten Konflikten zu tun haben". Er verwies auf die Gefahr, dass neue Akteure versuchten, sich im Nahostkonflikt Vorteile zu verschaffen – dies könne zu großen Kollateralschäden führen. "Sie können relativ schnell eine ganze Masse von Akteuren haben", sagte der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. "Es gibt mehrere Lunten, die man zünden kann."

Wichtig sei, dass die Abschreckung der Amerikaner funktioniere und potenzielle Konfliktparteien wie Iran sich angesichts der Risiken zurückhielten. Mölling betonte, dass Amerikaner und Russen keine direkte Konfrontation in der Region suchten. Die US-Einsätze gegen Ziele in Syrien zeigten aber, wie nah sich die Streitkräfte beider Seiten kämen. "Die Gefahr, dass es irgendwo eine Misskalkulation gibt, es schief geht – die wächst", sagte er mit Blick auf die vielen Krisenherde in der Region. "Man darf sich jetzt nicht blauäugig machen und sagen, das wird schon alles gutgehen."

Krieg in Nahost ist ein "Aha-Moment"

Deutschland erlebt nach den Worten des Sicherheitsexperten gerade einen "Aha-Moment" – nämlich, dass deutlich werde, wie unmittelbar die Auseinandersetzung im Nahen Osten  unsere Innenpolitik betrifft. Nach seinem Eindruck ließen die antisemitischen Kundgebungen zwar gerade nach, dies könne sich jedoch schnell wieder ändern, wenn neue Bilder das Leid der Zivilisten in Gaza zeigten. "Das ist natürlich ein Ziel von Hamas, diese Bilder zu haben, weil sie sehen, dass sie damit Probleme bei uns direkt zu Hause verursachen", sagte Mölling.

Die Distanz der Deutschen zum russischen Krieg gegen die Ukraine sei viel größer als zu den Ereignissen in Nahost. Andererseits stehe Deutschland mit Blick auf Israel im Moment nicht vor so schweren Entscheidungen wie nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine, als die Lieferung von Waffen in ein Kriegsgebiet anstand.

Schwierige Debatten über die Ukraine

Sowohl in den USA als auch in der Europäischen Union erwartete Mölling schwierige Debatten um den Ukraine-Kurs. In den USA müsse der neue Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, beweisen, "dass er nicht der Pudel von Joe Biden ist". "Ich glaube man muss auf alle Fälle erwarten, dass das sehr ruppig sein wird", sagte Mölling. "Die Innenpolitik bestimmt die Außenpolitik"

Für die Europäische Union bleibe es dabei, dass "Außenpolitik im Konsens verhandelt wird". Dies werde schwierig, "wenn man ein oder zwei Leute hat – also Slowakei und Ungarn – wo man nicht weiß, wie tief sie in wessen Tasche stecken". Positiv sei es da, dass der größte Teil der militärischen Hilfe für die Ukraine über bilaterale Vereinbarungen abgewickelt werde, die kein Dritter blockieren könne.

cl

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