Podcast "Ukraine – die Lage" Warten bis die Temperaturen weiter fallen: Russland will die Ukraine im Winter zermürben, mahnt Mölling

Eine Frau im Schnee hält Lebensmittel in einer Hand.
Eine Frau im Schnee hält Lebensmittel in einer Hand. Russland könnte den ukrainischen Zivilisten das Leben im Winter erneut schwer machen
© Vadim Ghirda / AP / DPA
Russland könnte erneut die ukrainische Energieversogung ins Visier nehmen. Sicherheitsexperte Christian Mölling glaubt, dass Russland dafür extra Kampfjets zurückgehalten hat. Und ein Kriegsende ist lange nicht in Sicht.

Der Sicherheitsexperte Christian Mölling erwartet eine neue Welle von Terrorangriffen gegen die ukrainische Zivilbevölkerung. "Es ist zu vermuten, dass wir noch nicht am Höhepunkt der Angriffe sind", sagte er am Freitag im stern-Podcast "Ukraine – die Lage". "Zur Zeit scheinen die Russen ausspionieren zu wollen, wo die Flugabwehr stationiert ist." Dieses Vorgehen wertete der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik als Vorbereitung auf noch intensivere Attacken. Diese erwartet er, sobald die Temperaturen weiter sinken.

Mölling sagte: "Wenn Sie jetzt die Heizung zerschießen, hat das nicht den Terroreffekt, den Sie eigentlich erreichen wollen." Nach seiner Einschätzung wollen die russischen Kommandeure den Moment nutzen, in dem die größte Wirkung erzielt werden könne. Russland habe in den vergangenen Wochen offenbar Marschflugkörper zurückgehalten, um zu einem späteren Zeitpunkt "diese Angriffswelle zu fliegen". Letztlich solle mit der Zerstörung von Energie- und Wärmeversorgung die Bevölkerung zermürbt werden. Mölling ging davon aus, dass Russlands Angriffe mehr Wirkung erzielen könnten als im Vorjahr. "Letzten Winter war die Infrastruktur noch ein bisschen besser aufgestellt", sagte er.

Russland lässt nicht locker, bis Ziele erreicht sind

Aussichten auf eine zügige Einstellung der Kämpfe sah er nicht. Die russische Seite habe sehr deutlich gemacht, dass sie derzeit keinen Grund sehe, Verhandlungen aufzunehmen oder den Krieg zu verlangsamen. Er hielt der russischen Führung vor, es sei ihr egal, ob die eigenen Soldaten leiden und sterben. Die Maßstäbe der Humanität hätten jede Bedeutung verloren. Präsident Wladimir Putin gehe es darum, eine neue Weltordnung zu schaffen.

Von der Moskauer Führung komme die klare Botschaft, dass sie nicht zu einer Lösung bereit sei, bei der sie nicht die von ihr beanspruchten – und nur zum Teil kontrollierten – Gebiete erhalte. Das bedeute für die Ukraine, dass sie trotz aller Erschöpfung und der widrigen Wetterbedingungen nur eine Wahl habe: "Aufgeben oder weiterkämpfen." Aufgabe bedeute aber, dass nicht nur Territorium preisgegeben werden müsse, sondern auch die dort lebenden Menschen. "Wer möchte denn die Verantwortung dafür übernehmen?", fragte der Experte.

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