Vor Internationalem Gerichtshof Ukraine wirft Russland "Verbrechen gegen Menschlichkeit" vor – russische Vertreter bleiben fern

Protest gegen Ukraine-Krieg: "Der Krieg soll verflucht sein" steht auf einem Banner am Staatstheater Mainz.
"Der Krieg soll verflucht sein" steht auf einem Banner am Staatstheater Mainz. Der Ukraine-Krieg beschäftigt auch die Richter in Den Haag.
© Sebastian Gollnow / DPA
Die Vereinten Nationen haben als eine Konsequenz aus dem Zweiten Weltkrieg den Internationalen Gerichtshof geschaffen. Nun soll das Gericht in Den Haag auch im Ukraine-Krieg ein Machtwort sprechen.

Vor dem Hintergrund heftiger russischer Angriffe hat die Ukraine den Internationalen Gerichtshof dringend aufgerufen, alles zu tun, um die Gewalt zu stoppen. "Russland verübt Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit", sagte der Vertreter der Ukraine, Anton Korynevych, am Montag in Den Haag. "Russland muss gestoppt werden."

Zum ersten Mal seit der Invasion in die Ukraine muss sich Russland vor dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen wegen der Verletzung der Völkermord-Konvention von 1948 verantworten. Doch Russland verweigert die Teilnahme an der Anhörung, wie die Vorsitzende Richterin Joan Donoghue zu Beginn der Sitzung mitteilte. Der Vertreter der Ukraine sprach von einer Missachtung des internationalen Rechts. "Sie sind nicht hier im Gerichtssaal, sie sind auf den Schlachtfeldern. ... So lösen sie Konflikte."

Im Friedenspalast in Den Haag werden zunächst die Rechtsvertreter der Ukraine ihren Fall darlegen. Ein Vertreter Russlands sollte am Dienstag das Wort ergreifen. Wann ein Urteil erfolgt, steht noch nicht fest. Urteile des Gerichts sind zwar bindend. Doch das Gericht besitzt keine Machtmittel, um einen unterlegenen Staat zu zwingen, das Urteil auch umzusetzen.

Ukraine-Krieg: Was das humanitäre Völkerrecht regelt

Um menschliches Leid im Krieg zu verringern, hat die internationale Gemeinschaft das humanitäre Völkerrecht ins Leben gerufen. Es legt die Regeln in Zeiten von bewaffneten Konflikten fest und will vor allem Menschen schützen, die nicht direkt an den Kämpfen beteiligt sind – wie Zivilisten oder Gefangene. Zu seinen Kernstücken gehören neben der Haager Landkriegsordnung von 1907 die vier Genfer Konventionen von 1949 mit ihren Zusatzprotokollen von 1977 und 2005.

Sie regeln unter anderem den Umgang mit verwundeten und gefallenen Soldaten, die Behandlung Kriegsgefangener oder den Schutz der Zivilbevölkerung unter Fremdherrschaft und in besetzten Gebieten. Die Genfer Konventionen sind heute fast weltweit bindend.

UN zog Konsequenzen aus Holocaust

Als Folge des Holocaust hatte die Vollversammlung der Vereinten Nationen 1948 schon das "Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes" verabschiedet, das 1951 in Kraft trat - ein weiteres Schlüsselelement des humanitären Völkerrechts. Gemäß Artikel 2 der UN-Konvention geht es dabei um Handlungen, "begangen in der Absicht, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören".

Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht wie Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verfolgt seit 2002 der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag, das höchste Gericht der Vereinten Nationen. Vertragliche Grundlage des "Weltstrafgerichts" ist das 1998 in Rom verabschiedete und 2002 in Kraft getretene Römische Statut.

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tkr