Klage Südafrikas UN-Gericht: Israel muss Rafah-Offensive stoppen

Rauch steigt auf nach einem israelischen Luftangriff in Gaza-Stadt
Rauch steigt auf nach einem israelischen Luftangriff in Gaza-Stadt
© Abed Rahim Khatib / DPA
Der Internationale Gerichtshof (IGH) der Vereinten Nationen hat entschieden, dass Israel seine Offensive in Raffah sofort stoppen müsse. Südafrika hatte geklagt – zum dritten Mal.

Im Streit um die israelische Offensive in Rafah hat der Internationale Gerichtshof (IGH) teilweise einer Forderung Südafrikas entsprochen. Demnach muss Israel die Offensive in der Stadt im Süden des Gazastreifens stoppen. Nach Auffassung der Richter ist die humanitäre Lage in Rafah inzwischen desaströs. Weitere Maßnahmen seien nötig, um weiteren Schaden für die Zivilbevölkerung abzuwenden. 

Das höchste UN-Gericht wies Israel zudem an, den Grenzübergang Rafah an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten offen zu halten. Dieser Schritt sei nötig, um "die dringend benötigte Grundversorgung und humanitäre Hilfe in großem Umfang ungehindert zu gewährleisten". Die Richter forderten zudem die "sofortige Freilassung" der vor mehr als sieben Monaten von der radikalislamischen Hamas in den Gazastreifen verschleppten Geiseln. Es sei "zutiefst beunruhigend, dass viele dieser Geiseln noch immer in Gefangenschaft sind", erklärten die Richter mit Blick auf den Hamas-Großangriff auf Israel am 7. Oktober. Der IGH wiederhole seine Forderung nach "ihrer sofortigen und bedingungslosen Freilassung".

Dritte Klage wegen Israels Vorgehen im Gazastreifen

Südafrika ersuchte das UN-Gericht nun schon zum dritten Mal um zusätzliche Maßnahmen gegen Israel. Im Dezember hatte Südafrika vor dem IGH gegen Israel den Vorwurf eines Völkermords im Gazastreifen erhoben. Der IGH wies Israel daraufhin im Januar an, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um Handlungen im Zusammenhang mit einem "Völkermord" im Gazastreifen zu verhindern. Eine Waffenruhe ordnete das Gericht jedoch nicht an.

Die Gerichtsentscheidung am Freitag erhöht den politischen Druck auf Israel. Die israelische Armee war Anfang Mai trotz internationaler Warnungen in Rafah vorgerückt und führt eigenen Angaben zufolge "gezielte" Einsätze in der Grenzstadt aus, wo sie die letzten verbleibenden Hamas-Bataillone verortet.

Demonstranten zeigen Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung und unterstützen die südafrikanische Klage vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag
Demonstranten zeigen Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung und unterstützen die südafrikanische Klage vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag
© ANP / Koen van Weel / Imago Images
Richter halten Südafrikas "Völkermord"-Klage für plausibel – was die Entscheidung bedeutet

Südafrikas UN-Botschafter Vusimuzi Madonsela hatte vergangene Woche in einer öffentlichen Anhörung vor dem IGH erklärt, Israels "Völkermord" in dem Palästinensergebiet gehe unaufhaltsam weiter und habe "gerade ein neues und schreckliches Ausmaß erreicht".

UN-Gericht ohne Sanktionen

Der IGH wurde eingerichtet, um über zwischenstaatliche Streitigkeiten zu entscheiden. Obwohl seine Urteile rechtlich bindend sind, hat er kaum Möglichkeiten, sie durchzusetzen.

Anfang der Woche hatte der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) einen Haftbefehl gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Yoav Gallant wegen Verbrechen im Gaza-Krieg beantragt. Gleichzeitig beantragte der Chefankläger Haftbefehle gegen die Führung der radikalislamischen Palästinenserbewegung Hamas. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell forderte Israel am Freitag auf, von einer Einschüchterung der IStGH-Richter abzusehen.

"Ich bitte alle, angefangen bei der israelischen Regierung, aber auch einige europäische Regierungen, die Richter nicht einzuschüchtern und ihnen nicht zu drohen", sagte Borrell in einem Interview mit dem spanischen Fernsehsender TVE. Das Vorgehen des Chefanklägers Karim Khan dürfe nicht als "antisemitische Haltung betrachtet werden", betonte Borrell mit Blick auf den beantragten Haftbefehl und forderte "Respekt für den Internationalen Strafgerichtshof".

AFP
mkb