Unter den Opfern seien auch Frauen und Kinder. Krankenhäuser meldeten mindestens 50 Tote. Der Präsident der zentralasiatischen Republik, Islam Karimow, lobte das brutale Vorgehen seiner Sicherheitskräfte und bezeichnete die getöteten Landsleute als "Extremisten" und "Kriminelle".
Am Tag nach dem Blutbad von Andischan blieben die Berichte aus der Provinzhauptstadt des islamistisch geprägten Fergana-Tals weiter widersprüchlich. Ein Korrespondent von Deutsche Welle-TV gab die Zahl der Toten mit 200 oder mehr an. Er selbst habe viele Tote auf den Straßen gesehen. Militärs hätten die Stadt abgeriegelt. Es waren die schwersten Konflikte in der Geschichte Usbekistans seit der Unabhängigkeit der Ex-Sowjetrepublik im Jahr 1991.
Russland sichert der "befreundeten Regierung Usbekistans" Unterstützung zu
"Am Freitagabend haben die Militärs das Feuer auf friedliche Bürger eröffnet. Dabei starben hunderte Menschen", sagte der Leiter der Menschenrechtsorganisation "Apellazija" (Berufung), Saidschachon Sainabitdinow, in Andischan der Agentur Interfax. Die Militärs sollen ohne Vorwarnung gegen die Menschen vorgegangen sein und dabei auch Panzer eingesetzt haben.
Während Russland der "befreundeten Regierung Usbekistans" seine Unterstützung zusicherte, äußerte sich das westliche Ausland deutlich distanzierter. "Insbesondere die Berichte über anhaltende Gewalt und die zugespitzte Lage im südost-usbekischen Andischan und im Fergana-Tal sind beunruhigend", erklärte Bundesaußenminister Joschka Fischer in Berlin. Er rief dazu auf, eine weitere Verschärfung der Situation zu verhindern.
Für die deutschen Soldaten im Land besteht nach Angaben von Verteidigungsminister Peter Struck keine Gefahr. "Im Süden Usbekistans sind 305 deutsche Soldaten stationiert. Dieses deutsche Kontingent ist nicht von den Unruhen betroffen. Es hält sich 900 Kilometer entfernt auf. Unsere Soldaten sind in Sicherheit", sagte Struck der "Bild am Sonntag".
Das Militär schoss wahllos in die Menschenmenge
Am Freitagabend hatten in Andischan Sicherheitskräfte das von bewaffneten Aufständischen besetzte Gebäude der Gebietsverwaltung gestürmt. Dabei schossen die Militärs nach Berichten von Augenzeugen auch wahllos in die Menschenmenge, die vor dem Sitz der Gebietsregierung gegen das Regime protestierte.
Die Unruhen in Andischan hatten sich an einem Prozess gegen 23 örtliche Geschäftsleute entzündet. Ihnen wurde die Mitgliedschaft in der islamistischen Gruppierung Akryma zur Last gelegt. Bewaffnete Banden hatten die Angeklagten und tausende weitere Häftlinge in der Nacht auf Freitag aus einem Gefängnis der Stadt befreit.
Der seit 15 Jahren mit autoritären Methoden regierende Karimow gab der Islamistenbewegung Akryma die Schuld an dem Blutbad. Die Rebellen hätten die Freilassung von religiösen Anführern aus Gefängnissen in anderen Regionen des Landes gefordert. "Wir konnten darauf nicht eingehen, sonst hätten wir morgen dutzende ähnlicher Konflikte", betonte Karimow. Religionsexperten betonten dagegen, die Akryma-Bewegung sei keineswegs als extremistisch einzustufen.
Usbeken fliehen in das benachbarte Kirgisien
Nach dem Ende der Schießereien am Samstagmittag kamen wieder tausende Menschen im Stadtzentrum von Andischan zusammen. Regionale Agenturen berichteten, auf dem Regionalflughafen der Stadt seien zahlreiche Transportmaschinen gelandet. Es sei unklar, ob die Staatsmacht damit weitere Militäreinheiten in das Konfliktgebiet bringe.
Mehr als 600 Usbeken flohen nach dem Blutbad in Andischan über die nahe Grenze in das benachbarte Kirgisien. Einige Flüchtlinge hätten Schussverletzungen, teilte ein Sprecher des südkirgisischen Gebietes Dschalal-Abad mit. Auch aus der Grenzstadt Karassu, knapp 50 Kilometer östlich von Andischan, wurden Unruhgen gemeldet. Die Agentur "Fergana.ru" berichtete unter Berufung auf Informanten von Ausschreitungen gegen die Polizei. Die Behörden dementierten dies.