US-Finanzkrise Bush schlägt Alarm - Krisentreffen

Wahlkampf-Moratorium von John McCain, überraschende TV-Ansprache des Präsidenten und ein Krisentreffen im Weißen Haus: Die Sorge vor einem Kollaps der Wirtschaft lässt in Washington die Alarmglocken schrillen. US-Präsident George W. Bush warnte vor dramatischen Folgen der Finanzkrise und rief Demokraten und Republikaner zum Schulterschluss auf.

US-Präsident George W. Bush hat in einer überraschend einberufenen Fernsehansprache vor dramatischen Konsequenzen in der schwelenden Finanzkrise gewarnt. Falls sich Kongress und Regierung nicht "so schnell wie möglich" auf das vorgeschlagene 700 Milliarden Dollar schwere Rettungspaket einigen könnten, drohe eine Rezession mit kaum absehbaren Folgen. "Unsere gesamte Wirtschaft ist in Gefahr."

"Millionen Amerikaner könnten ihren Arbeitsplatz verlieren", sagte Bush am Mittwochabend (Ortszeit). Zudem drohe Panik auf dem Finanzsektor. Zugleich lud Bush die beiden Präsidentschaftskandidaten Barack Obama und John McCain zu einem Dringlichkeitsgespräch ins Weiße Haus ein. Das Treffen sei gemeinsam mit anderen Senatoren für Donnerstag (21.55 Uhr MESZ) vorgesehen. Ziel sei es, eine schnelle Verabschiedung des Rettungsplans zu erreichen. Wie der TV-Sender CNN meldete, haben beide Kandidaten bereits zugesagt, nach Washington zu kommen.

McCain unterbricht Wahlkampf

Die Finanzkrise überschattet immer mehr den Präsidentschaftswahlkampf: Angesichts der ernsten Lage und der stockenden Beratungen über einen Rettungsplan hat der republikanische US-Präsidentschaftskandidat McCain seinen Wahlkampf unterbrochen. Er werde sich persönlich in die Beratungen zwischen Kongress und Regierung einschalten.

Zugleich forderte der 72-jährige Senator McCain, die für Freitag geplante erste Fernseh-Debatte mit seinem demokratischen Gegner Barack Obama zu verschieben. Dies lehnte Obama, der ebenfalls dem Senat angehört, ab. "Das ist genau die Zeit, in der die Amerikaner etwas von uns hören wollen", begründete der 46-jährige schwarze Senator seine Haltung. Kommentatoren im US-Fernsehen gehen davon aus, dass die Debatte wie geplant stattfindet.

In einer gemeinsamen Erklärung appellieren beide Kandidaten, die Parteipolitik hinter sich zu lassen und zusammenzuarbeiten. "Jetzt ist die Zeit, dass Demokraten und Republikaner im Geist der Zusammenarbeit zum Wohle des amerikanischen Volkes zusammenkommen", hieß es in der von einem Obama-Sprecher verbreiteten Erklärung. Das von der Regierung vorgelegte 700 Milliarden Dollar schwere Rettungspaket sei zwar fehlerhaft, dennoch dürften die Bemühungen um eine Lösung nicht fehlschlagen. "Wir dürfen keine wirtschaftliche Katastrophe riskieren."

Demokraten einigen sich auf Entwurf für Rettungsplan

Das erst am vergangenen Freitag von der Regierung vorgeschlagene Rettungspaket ist im Kongress auf scharfe Kritik von Demokraten und Republikanern gestoßen. Zwar herrscht grundsätzliche Bereitschaft zu schnellem Handeln, doch gibt es ernste Einwände. Vor allem wird eine parlamentarische Aufsicht über das Milliardenprogramm an in Not geratene Bankhäuser gefordert. Außerdem müssten die Manager solcher Finanzinstitute, denen unter die Arme gegriffen wird, auf ihre extrem hohen Gehälter verzichten. Vor allem die Demokraten verlangen auch Hilfen für Hausbesitzer, die im Zuge der Krise in Not geraten sind.

Die Demokraten einigten sich am Abend auf einen eigenen Gesetzesentwurf. Die Partei verfüge über genügend Stimmen, um den Vorschlag zu verabschieden und ihn Präsident George W. Bush zur Unterzeichnung vorzulegen, sagte der demokratische Vorsitzende des Finanzmarktausschusses des Repräsentantenhauses, Barney Frank. Er erklärte weiter, die von der Regierung angestrebten 700 Milliarden Dollar könnten schrittweise zur Verfügung gestellt werden. Zudem seien Kontrollmechanismen nötig. Zwar müssten noch einige Details geklärt werden, dies könne jedoch schnell geschehen. Für Donnerstag sei ein Treffen mit den Republikanern geplant.

"Ich bin ein starker Anhänger des freien Unternehmertums", sagte Bush. Daher habe auch er zunächst Einwände gegen das staatliche Hilfsprogramm gehabt. "Aber derzeit herrschen keine normalen Bedingungen". Deshalb habe er sich für die geplanten Eingriffe der Zentralbank entschieden.

"Lasst uns die Politik beiseite stellen", begründete McCain die Unterbrechung seines Wahlkampfes. "Es ist Zeit, dass beide Parteien zusammenkommen". Er verglich die derzeitige Finanzkrise mit den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Jetzt sei erneut Patriotismus und gemeinsames Zusammenrücken notwendig. Auch Finanzminister Henry Paulson und Zentralbankchef Ben Bernanke hatten am Mittwoch erneut zu einer raschen Einigung aufgerufen.

Wie es heißt, will McCain "alle Parteiauftritte und TV-Werbespots" für die nächsten Tage aussetzen. TV-Kommentatoren werteten den Schritt des 72-Jährigen als einen Versuch, sich als "staatsmännischer Retter" zu präsentieren, der die Streitereien der Politik überwinden könne. Man erwarte von dem langjährigen Senator jetzt besonderen Einsatz. "Allerdings ist McCains Strategie mit erheblichen Risiken verbunden", meinte ein CNN-Kommentator.

DPA · Reuters
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