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Gescheiterter Gesetzesantrag US-Waffenlobby schießt sich ins eigene Knie

Noch feiert die NRA ihren Sieg über den Antrag zur Verschärfung des Waffengesetzes. Doch schon bevor die Polizei bewaffnete Männer durch Boston jagte, war klar: Es ist ein Pyrrhussieg.
Von Sophie Albers

Eingebettet in eine Woche der Gewalt - zwischen dem Anschlag beim Boston Marathon am Montag und der anhaltenden Terroristenjagd am Freitag - hat die mächtigste Waffenlobby-Vereinigung der USA, die National Rifle Association" (NRA), am Mittwoch im Senat einen Gesetzesantrag zur Verschärfung des Waffenrechts gekippt. Der Antrag sah vor, dass beim Waffenkauf künftig der Hintergrund des Käufers durchleuchtet werden muss und war eine Reaktion auf das Massaker von Newtown, bei dem 28 Menschen starben, als ein Junge mit Sturmgewehr eine Schule stürmte.

Gemäß einer Wählerumfrage der Quinnipiac University im Februar sind 90 Prozent der Amerikaner für besagte Hintergrundchecks für alle Waffenkäufer. Doch fehlten dem parteiübergreifend aufgesetzten Entwurf des demokratischen Senators Joe Manchin (West-Virginia) und seines republikanischen Kollegen Pat Toomey (Pennsylvania) am Ende vier der benötigten 60 Stimmen.

Der Anfang vom Ende der allmächtigen NRA

14 Senatoren seien umgefallen, berichtete das "Wallt Street Journal". Offenbar war der Druck, den die NRA ausübte gewaltig: Nicht nur gab es eine Anti-Gesetzkampagne, die Senatoren werden von der Vereinigung nach ihrer Waffen-Freundlichkeit benotet, und in einem persönlichen Brief wurden die Politiker darauf hingewiesen, dass die Abstimmung über die Wiederaufstellung zur nächsten Wahl entscheiden werde. So mächtig ist und fühlt sich die NRA mit ihren angeblich vier Millionen Mitgliedern. So sicher, dass sie einen Tag später in der "Washington Post" Werbung schalten ließ: "Reiß' dich zusammen, Kongress: Es ist Zeit, unsere Schulen sicherer zu machen."

"Niemand kann sich gegen den Willen von 90 Prozent der Bevölkerung stellen und glauben, dass es keine Konsequenzen haben werde", empört sich Michael Tomasky im "Daily Beast". Niemand könne die Eltern ermordeter Sechsjähriger als "Statisten" abtun, wie es der NRA-nahe Senator Rand Paul (Kentucky) tat und denken, "dass Gott nicht zusieht und Notizen macht".

Womöglich war diese Abstimmung der Höhepunkt der Macht der NRA, aber nun droht ihr Abstieg. Denn wenn Waffen-kritische Demokraten sich bisher weniger aktiv und verbissen gezeigt haben, sind sie nun mobilisiert. "Ich bin mir sicher, dass die NRA nie wieder mächtiger sein wird" als am Mittwoch, schreibt Tomasky.

Auftakt zu einer neuen Schlacht

Es sei erst die erste Runde, ließ US-Präsident Barack Obama wissen, der die Entscheidung vom Mittwoch eine "Schande" nannte. Es sei der Auftakt zu einem "neuen, langwierigen, hartkämpfenden, emotionalen Umgang mit dem Thema Waffen", schreibt Joan Walsh in "Salon.com". Die Autorin sieht den Beginn einer landesweiten Bewegung gegen die NRA und ihre Mitstreiter, als der Vater eines in Sandy Hook ermordeten Kindes nach dem Scheitern des neuen Gesetzes sagt: "Unsere Herzen sind gebrochen, nicht unser Geist."

Ebenso entschieden und zum Kampf entschlossen äußerte sich Gabrielle Giffords. Allerdings nur schriftlich, denn die ehemalige Kongressabgeordnete kann nicht richtig sprechen, seitdem ihr ein Amokläufer vor zwei Jahren in einem Einkaufszentrum in den Kopf geschossen hat und sechs Menschen tötete. "Vor mehr als zwei Jahren, als mir aus nächster Nähe in den Kopf geschossen wurde, hat der US-Senat sich entschieden, nichts zu tun. Vor vier Monaten, als 20 Erstklässler bei einem brutalen Angriff auf ihre Schule ihr Leben verloren haben, hat der Senat sich entschieden, nichts zu tun. Wenn die Mitglieder des US-Senats sich weigern, die Gesetze zu ändern, um Waffengewalt zu vermindern, dann müssen wir die Besetzung des US-Senats ändern", so ihr Aufruf. Sie werde nicht ruhen, bis das Unrecht, das diese Senatoren begangen hätten, beseitigt sei. "Nichts zu tun, während andere in Gefahr sind, das ist nicht die amerikanische Art", so Giffords.

Ein prominentes NRA-Mitglied hat am Donnerstag schon seinen Rücktritt bekannt gegeben: Brauerei-Erbe Adolphus Busch IV (Budweiser). "Wie kann die NRA den überwältigenden Willen ihrer Mitglieder missachten, die Hintergrundchecks für angebracht halten?", zitiert die "Huffingtin Post" aus seinem Brief an NRA-Präsident David Keene, der auf Geheiß der Waffen-und Munitionshersteller handle und nicht im Sinne der Waffenbesitzer. "Es ist mir einfach unverständlich, was Sturmwaffen und Magazine mit besonders großer Kapazität mit unserer Vision zu tun haben." Das ist eine gute Frage für den Anfang.

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