Vor dem EU-Gipfel in Brüssel hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Euro-Länder zu Eigenverantwortung und Solidarität aufgerufen, um die Gemeinschaftswährung zu retten. "Niemand in Europa wird allein gelassen, niemand wird fallengelassen, denn Europa gelingt nur gemeinsam", sagte Merkel in einer Regierungserklärung im Bundestag. "Aber dies bedarf natürlich auch gemeinsamer Anstrengungen, eines vernünftigen Verhältnisses zwischen Eigenanstrengung und Solidarität."
In den vergangenen Monaten haben die EU-Länder eine Generalüberholung für den Euro geplant, mit der er wieder sicher werden soll. Auf dem Gipfel in Brüssel wollen sie ein entsprechendes Maßnahmenpaket beschließen. Überschattet wird das Treffen jedoch von der Regierungskrise im hoch verschuldeten Portugal.
Der derzeitige Rettungsfonds (EFSF)
Der Fonds, EFSF im Expertenjargon, läuft bis 2013 und soll im Notfall Kredite an hoch verschuldete Euro-Länder vergeben. Die tatsächliche Ausleihkraft von rund 250 Milliarden Euro soll auf 440 Milliarden Euro erhöht werden. Unklar ist aber noch, wie genau die Ausleihkraft gestärkt werden soll, vermutlich durch weitere Milliarden-Garantien durch Deutschland und andere Euro-Länder. Bislang steht Deutschland bereits für rund 120 Milliarden Euro ein. Die Entscheidung wird aber wohl auf Juni vertagt - die finnische Regierung steht vor Neuwahlen und will im Moment keine weiteren Garantien vergeben. Künftig kann der Fonds Euro-Ländern auch direkt Staatsanleihen abkaufen.
Die künftigen Rettungsfonds (ESM)
2013 wird der EFSF von einem ständigen Euro-Krisenfonds (ESM) abgelöst. Die Euro-Länder zahlen 80 Milliarden Euro in Bar ein, Deutschland muss knapp 22 Milliarden Euro überweisen. Auf dem Gipfel will Kanzlerin Angela Merkel (CDU) den Zahlungszeitraum noch einmal nachverhandeln. Bisher soll die Hälfte des Beitrags auf einen Schlag bis 2013 fällig sein. Um den Haushalt gleichmäßiger zu belasten, fordert Merkel eine über fünf Jahre gestreckte Ratenzahlung. Zu den Barzahlungen kommen Garantien über insgesamt 620 Milliarden Euro. Da ein Teil des Geldes als Sicherheit hinterlegt wird, kann der Fonds 500 Milliarden Euro verleihen. Auch der künftige Fonds darf Euro-Ländern direkt Staatsanleihen abkaufen.
Verschärfter Stabilitätspakt
Künftig drohen Geldstrafen nicht nur bei einer zu hohen Neuverschuldung von mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP), sondern auch bei einem Gesamtschuldenstand von mehr als 60 Prozent des BIP. Wird ein Defizitverfahren eingeleitet, muss das Sünderland ein Pfand von 0,2 Prozent seines BIP hinterlegen. Befolgt es dann nicht Empfehlungen zur Behebung des Missstandes, wird das Pfand einkassiert und fließt an den Euro-Rettungsfonds. Zudem werden die Haushaltsplanungen der Mitgliedstaaten strenger kontrolliert.
Pakt für den Euro
Die Euro-Länder wollen sich freiwillig in der Sozial-, Steuer- und Haushaltspolitik eng abstimmen. Dieser von Merkel angeregte Pakt soll die Euro-Zone wettbewerbsfähiger machen, ist jedoch offen für die übrigen EU-Länder. Jährlich werden gemeinsame Ziele vereinbart. Wie sie erreicht werden, ist Sache der nationalen Regierungen. Merkel will auf dem Gipfel erste Maßnahmen vorstellen, die sie im Rahmen des Pakts ergreifen will. Die Lohnkosten sollen etwa an die Produktivität angepasst werden. Bei der Haushaltspolitik wird eine Schuldenbremse nach deutschem Vorbild vorgeschlagen. Geplant ist auch eine gemeinsame Bemessungsgrundlage für die Körperschaftssteuer. Sanktionen sind nicht geplkant. Die Öffentlichkeit, die Finanzmärkte sowie die anderen Staaten sollen den nötigen Druck ausüben.
Portugal und Irland
In Portugal ist die Regierung am Mittwochabend über ein Sparpaket gestürzt, das eine Flucht unter den Euro-Rettungsschirm verhindern sollte. Das Parlament verweigert Ministerpräsident José Socrates die Zustimmung, der kündigte daraufhin seinen Rücktritt an. Nun könnte das Land gezwungen sein, Hilfen zu beantragen. Irland will bessere Bedingungen für die Rückzahlung seiner Notkredite wie geringere Zinsen. Doch damit stößt Irland bislang auf Widerstand, da es nicht zu Zugeständnissen bereit ist. Das könnte sich ändern, wenn Dublin etwa seine umstrittene Unternehmensteuer anhebt. Der Satz von nur 12,5 Prozent ist vielen EU-Ländern ein Dorn im Auge, da er zahlreiche Unternehmen nach Irland gelockt hat.