Der Juli ist gerade einmal sechs Tage alt und in dieser knappen Woche sind in den USA bereits 24 Menschen erschossen worden. Den sieben Menschen aus Highland Park bei Chicago, die ein 21-Jähriger am Nationalfeiertag wahllos getötet hatte, sind bereits vier weitere Opfer gefolgt. Insgesamt 23 Schießereien zählt die US-Statistikseite "gunviolencearchive" für diesen Monat. Zahl der Verletzten: 130 Menschen.
405.491 Menschen wurden seit 2014 erschossen
Seit 2014 listet die Webseite akribisch jeden Schusswechsel in den USA auf. Auch die ohne Opfer. 405.491 sind in dieser Zeit durch Gewehre und Pistolen gestorben.

Nicht aufgeführt sind diejenigen, die durch die Polizei ums Leben gekommen sind. Wie am 3. Juli, als der 25-jährige Jayland Walker nach einer Kontrolle in einem Kugelhagel stirbt. Mehr als 60 Schusswunden habe die Mediziner gezählt. Wie viele Schüsse genau auf den flüchtenden Mann abgegeben wurde, muss noch ermittelt werden. Bislang ist die Rede von 90.
90 Schüsse. Auf einen Mann, einen Schwarzen, der vermutlich eine Waffe hatte, allerdings nicht mehr, als er versuchte, zu Fuß vor der Polizei zu entkommen. Im ganzen Jahr 2019 haben sämtliche Polizisten in Deutschland genau 62 Schüsse abgegeben. 15 davon waren tödlich.
- Rechnet man den polizeilichen Schusswaffengebrauch in Deutschland auf die Einwohnerzahl der USA hoch (also 80 Millionen auf 330 Millionen) würde sich die Zahl vervierfachen. Sprich: Dann hätte die Polizei 248 Mal geschossen. Rund 1000 Menschen sterben in den USA jedes Jahr durch die Polizei.

Ein Grund für den häufigen Einsatz der Dienstwaffe in den USA ist der hohe Anteil an Gewehren und Pistolen im Land. Statistisch gesehen kommt auf fast jeden Amerikaner eine Waffe – obwohl 60 Prozent überhaupt keine besitzen. Die schätzungsweise 260 Millionen registrierten Waffen verteilen sich auf rund 130 Millionen US-Bürger. Sicherheitskräfte müssen bei ihren Einsätzen also immer damit rechnen, auf jemanden zu treffen, der oder die bewaffnet ist.
Erst vor kurzem hatte das höchste US-Gericht das ohnehin schon sehr liberale Waffenrecht noch einmal ausgeweitet: Der Supreme Court kippte ein Gesetz des Bundesstaats New York, wonach man einen triftigen Grund nachweisen muss, um eine Lizenz für das verdeckte Tragen einer Handfeuerwaffe außerhalb des Hauses zu erhalten. Die Regelung stammte aus dem Jahr 1914. In Deutschland wurde damals fast zeitgleich erstmals über ein Waffenverbot debattiert. Ein Grund waren die vielen tödlichen Unfälle durch Schießereien unter jüngeren Männern. Ein entsprechendes Gesetz wurde aber erst 1928 verabschiedet.
- Rund ein Fünftel aller durch Schusswaffen getöteten US-Amerikaner sind Teenager und Jugendliche.
Gegen einen bösen Typen mit einer Knarre hilft nur ein guter Typ mit einer Knarre – so lautet einer der Lieblingssprüche von Waffenbefürwortern. Allerdings geht diese Logik nur selten auf. Der Bundesstaat Iowa ist jedoch so ein Fall: Hier hat fast jeder zweite ein Gewehr, doch die Zahl der Schusswaffenopfer liegt niedriger als im Landesschnitt. "Unsere Waffen machen uns höflich. Man weiß ja nie, was einer unter der Jacke trägt", zitiert die "Frankfurter Allgemeine" in einer Reportage einen Barmann aus der Ecke.
Die westliche Gesellschaft mit den wenigsten Opfern durch Schusswaffen ist übrigens Japan. Nach den letzten aktuell erhältlichen Zahlen von 2014, sind dort gerade einmal sechs Menschen erschossen worden – bei 125 Millionen Einwohner. Dort ist der Besitz von Waffen de facto vollständig verboten.
Genauso viele Verkehrstote wie Waffenopfer
Mit 36.000 liegt die Zahl der Verkehrstoten ungefähr auf dem Niveau von Schusswaffenopfern. Auf 100.000 Einwohner umgerechnet sind das mehr doppelt so viele wie in Deutschland. Hier kamen zuletzt 2500 Menschen ums Leben.
Quellen: DPA, AFP, Statista, "FAZ", Gunpolicy, Heise, Campaignzero, Gunviolencearchive, CBS News, Fivethirtyeight, "New York Times", Tagesschau