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Wahl des EU-Kommissionspräsidenten Linke Regierungschefs unterstützen Konservativen Juncker

Jean-Claude Juncker bekommt Unterstützung von der Opposition: Der Konservative kann auf Hilfe von Sozialdemokraten bei seiner Kandidatur zum EU-Kommissionspräsidenten hoffen.

Führende Sozialdemokraten und Sozialisten in Europa unterstützen die Kandidatur des konservativen Luxemburgers Jean-Claude Juncker für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten. Zugleich fordern die linken Staats- und Regierungschefs von neun EU-Staaten sowie SPD-Vizekanzler Sigmar Gabriel mehr Flexibilität bei der Auslegung des EU-Stabilitäts- und Wachstumspakts.

"Wir haben uns darauf verständigt, dass die Sozialdemokraten akzeptieren, dass die (konservative Europäische Volkspartei) EVP die europäischen Wahlen gewonnen hat und Jean-Claude Juncker Präsident der europäischen Kommission werden soll", sagte SPD-Chef Gabriel am Samstag in Paris. Er war als deutscher Vertreter bei einem Treffen mit neun sozialdemokratischen und sozialistischen Präsidenten und Premiers dabei. Sie waren auf Einladung des französischen Staatschefs François Hollande nach Paris gekommen, um ihre Positionen vor dem bevorstehenden EU-Gipfel (26./27. Juni) abzustimmen.

"Wir wollen der Formel Reformen gegen Zeit beim Defizitabbau folgen", erläuterte Gabriel den verabredeten Kurs der Sozialdemokraten. Dies bedeute "keine Veränderungen am Stabilitäts- und Wachstumspakt". Es müsse aber dafür gesorgt werden, "dass die Chancen des Paktes für Wachstum und Arbeit endlich genutzt werden". Das Thema Stabilität könne nicht weiter einseitig bedient werden. "Wir müssen auch die anderen Teile des Paktes nutzen, die dafür sorgen, dass Wachstum und Arbeit in Gang kommen."

Heftiger Streit um Nachfolge von José Manuel Barroso

Auch Hollande sprach sich für mehr Flexibilität beim EU-Pakt aus. Wachstum und Beschäftigung hätten Priorität, sagte der Staatschef. Aus seiner Sicht müssen die Ergebnisse der Europawahlen berücksichtigt werden, um sicherzustellen, dass die EU sich neu orientiert. Aus den Wahlen waren in vielen Ländern vor allem rechtsextreme und europakritische Parteien gestärkt hervorgegangen.

Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann sagte, Stabilität und Wachstum dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden. Gleichzeitig betonte der Sozialdemokrat: "Wir haben einen Nachholbedarf beim Wachstum." Der Rahmen der Regeln des Stabilitätspaktes solle genutzt werden, damit "Investitionen endlich nicht nur in Resolutionen beschlossen, sondern auch in den einzelnen Ländern getätigt werden können". Beschäftigung sei das oberste Ziel.

Über die Berufung Junckers zum Nachfolger von José Manuel Barroso an der Kommissionsspitze gibt es heftigen Streit in der EU. Insbesondere der konservative britische Premierminister David Cameron lehnt Juncker vehement ab. Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi, der zusammen mit Hollande auf eine Lockerung der Sparauflagen gepocht hatte, hielt sich eine Zustimmung zu Juncker lange offen.

Gabriel bekräftigte nach dem Pariser Treffen die Erwartung, dass andere Posten in der EU von Sozialdemokraten und Sozialisten besetzt würden. Der sozialdemokratische EU-Spitzenkandidat Martin Schulz habe einhellige Unterstützung für eine erneute Kandidatur als Präsident des Europaparlaments bekommen. Aber: "Das ersetzt nicht ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Konservativen und Sozialdemokraten in der Kommission."

Warnung an Sigmar Gabriel

In diesen Funktionen müssten auch Frauen sichtbar werden, sagte Gabriel auf die Frage, ob eine Italienerin EU-Außenbeauftragte werden könnte. Im Gespräch ist die italienische Außenministerin Federica Mogherini. Auch Dänemarks Regierungschefin Helle Thorning-Schmidt, die in Paris mit am Tisch saß, wird für einen wichtigen EU-Posten gehandelt. Gabriel wollte keine Namen nennen.

Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber, warnte Gabriel davor, die Debatte zu überziehen. Eine Aufweichung der Stabilitätskriterien werde es mit seiner Fraktion nicht geben, sagte der CSU-Politiker der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Weber machte die Zusammenarbeit mit den Sozialisten im Europaparlament von dieser Frage abhängig. Die Zusammenarbeit sei zwar gewollt, "aber dann nicht denkbar, wenn der Euro aufgeweicht werden soll. Das ist eine rote Linie", sagte er.

Damit ist fraglich, ob die EVP Schulz zum Parlamentspräsidenten wählt, falls sich Gabriel in Europa durchsetzt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich dafür stark gemacht, nachdem Gabriel am Freitag davon abgesehen hatte, einen Kommissionsposten für Schulz zu verlangen.

mka/DPA DPA

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