Wahlen im Iran Der Anschein von Demokratie

Der Wahlsieg von Amtsinhabers Mahmud Ahmadinedschad im Iran wird von Experten als gezielte Manipulation der herrschenden religiösen Klasse gewertet. Der Geistliche Führer Irans, Ajatollah Chamenei, sei offenbar zu keinem Zeitpunkt bereit gewesen, eine Niederlage seines Kandidaten in Kauf zu nehmen.

Das Wahlergebnis im Iran ist ein doppelter Rückschlag: Für die Demokratie der nahöstlichen Regionalmacht und für das Verhältnis der Islamischen Republik zum Rest der Welt. Der Sieg des erzkonservativen Amtsinhabers Mahmud Ahmadinedschad wird von Experten als gezielte Manipulation der herrschenden religiösen Klasse gewertet. Zugleich macht es die Bestätigung des erklärten Feindes Israels der neuen US-Regierung unter Präsident Barack Obama schwer, mit ihrem Angebot eines neuen Dialogs Fortschritte im Atomkonflikt zu erreichen.

"Ich glaube nicht, dass irgendjemand ein solches Ausmaß von Betrug erwartet hat", sagt Karim Sadjadpour von der Carnegie-Stiftung für Internationalen Frieden in Washington. "Das war keine Wahl, sondern eine Auswahl. Nicht einmal autoritäre Regime wie Syrien oder Ägypten geben sich einen solchen Anschein von Demokratie." Im Rückblick wirke die gesamte Abstimmung wie eine einzige Show, fügte der Experte hinzu. Der Geistliche Führer Irans, Ajatollah Chamenei, sei offenbar zu keinem Zeitpunkt bereit gewesen, eine Niederlage seines Kandidaten in Kauf zu nehmen.

Zwei Drittel für Ahmadinedschad

Dem offiziellen Ergebnis zufolge hat der 52-jährige Präsident im ersten Wahlgang 63 Prozent der Stimmen erhalten. Das war fast das Doppelte seines schärfsten Rivalen, des gemäßigten Konservativen Mir-Hussein Mussawi. Beobachter waren davon ausgegangen, dass die Unterstützung junger Wähler und der städtischen Bevölkerung Mussawi zum Einzug in eine Stichwahl reicht. Ahmadinedschad stützt sich vor allem auf die Ärmeren und die ländliche Bevölkerung.

Auch Trita Parsi, Präsident des Nationalen Iranisch-Amerikanischen Rats in Washington, hält den überraschend großen Abstand zwischen den beiden Favoriten für unglaubwürdig. "Es ist schwierig, seinen Frieden damit zu machen, dass dies ohne jeden Betrug zustande gekommen sein soll", sagt er.

Nun werde es auch für Obama schwieriger, mit seiner Initiative eines Neubeginns voranzukommen, sagt Parsi. Ein Konflikt über den Wahlausgang werde nicht nur den Iran lähmen, sondern auch Ahmadinedschad schwächen. Damit verliere Obama aber wertvolle Zeit. Seinen Worten zufolge üben der US-Kongress, Israel und einige Golf-Staaten bereits großen Druck auf die Regierung aus, ihr Angebot zeitlich zu befristen. "Deren Geduld mit Obamas Strategie ist sehr begrenzt", betont Parsi.

Im Konflikt um das iranische Atomprogramm hat das Verhältnis zwischen dem Iran und den USA einen neuen Tiefpunkt erreicht. Die Regierung in Teheran steht im Verdacht, an Atomwaffen zu arbeiten. Zudem hat der Holocaust-Leugner Ahmadinedschad wiederholt Israel gedroht.

Mit der Bestätigung des erzkonservativen Präsidenten haben sich nach Einschätzung von Mark Fitzpatrick vom Internationalen Institut für Strategische Studien in London die Hardliner durchgesetzt. "Es sieht so aus, als ob sie alle Möglichkeiten ihrer Macht genutzt haben, um Ahmadinedschad im Amt zu halten", sagt er. "Zweifellos war ein zentraler Grund dafür die Sorge, die Kontrolle über das Land zu verlieren, wenn sich eine Politik wie die Bereitschaft zu einem Dialog mit den USA durchsetzt."

Reuters
Alistair Lyon/Reuters