Wahlkampf Die Schlammschlacht hat begonnen

Anstatt politische Debatten erregen Frauen- und Drogengerüchte die USA. Republikaner wie Demokraten rechnen mit einem erbitterten Wahlkampf, die Medien sogar mit dem "schmutzigsten Wahlkampf in der US-Geschichte".

Die Zeichen für einen üblen Präsidentschaftswahlkampf in den USA mehren sich. Die Munition für eine politische Schlammschlacht findet sich schon in der Klatschpresse. Aber auch seriöse Medien wühlen plötzlich in Jahrzehnte alten Dokumenten, um Charaktermängel beim Präsidenten George W. Bush oder bei seinen demokratischen Gegnern aufzudecken. Es droht "der schmutzigste Wahlkampf in der US-Geschichte", schrieb die konservative "Washington Times".

Praktikantinnen-Affäre II

Das Sensationsblatt "National Enquire" und der journalistisch berüchtigte Drudge-Report haben vor allem den Favoriten für die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten, John Kerry, aufs Korn genommen. Er wird als hemmungsloser Frauenheld ("Womanizer") beschrieben, der seine erste Ehefrau in die Verzweiflung getrieben habe - und sogar eine Affäre mit einer Praktikantin gehabt habe. Die Anspielung auf die "Lewinski-Affäre" von Ex-Präsident Bill Clinton ist unübersehbar.

Zudem habe Kerry früher Marihuana geraucht. Alle Fernsehsender präsentierten 30 Jahre alte Bilder des mit hohen Orden ausgezeichneten Vietnam-Veteranen, der später ein populärer Vietnam-Kriegsgegner wurde. Bei einer Demonstration in Washington sitzt Kerry kaum erkennbar drei Reihen hinter dem Filmstar Jane Fonda. Die entschiedene Gegnerin des Vietnam-Krieges gilt Konservativen als personifizierte Landesverräterin, sie wird bis heute als "Hanoi-Jane" diffamiert.

Die Republikaner präsentierten Fernseh-Wahlkampfspots, in denen Kerry, der gegen Bushs Politik "für die Privilegierten" wettert, selbst als Nutznießer von Geldern großer Konzerne dargestellt wird. "Ein Mann ohne Prinzipien?" wird da scheinheilig gefragt.

Über Bush, einen "wiedergeborenen Christen", der auch dem Alkohol abgeschworen hat, erscheinen 30 Jahre alte süffisante Berichte über seine Alkohol-Eskapaden als Student und sein möglicherweise etwas laxes Pflichtgefühl als Pilot der Nationalgarde in den 70er Jahren. Der Filmemacher Michael Moore beschuldigte den Präsidenten, er sei ein "Deserteur". Zudem versuchten Demokraten Bush zu unterstellen, er habe einst einer Freundin die Abtreibung bezahlt. Die Republikaner sind entschiedene Abtreibungsgegner.

Es zählt die Glaubwürdigkeit

Während die US-Gesellschaft tief zerrissen über die Frage ist, ob Bush und die Neokonservativen die USA ins Abseits und Verderben führen oder vor Terror und feindseligen Atommächten retten, versuchen manche Wahlkampfstrategen, vor allem die Glaubwürdigkeit des politischen Gegners zu beleuchten. Und dies lässt sich am ehesten mit "emotionalen Themen" erreichen - in den überwiegend prüden USA am besten mit dem Thema Sex in allen Varianten. Deshalb könnte auch die Frage homosexueller Ehen Wahlkampfthema werden, obwohl sich Bush und Kerry in ihren Positionen kaum unterscheiden.

Republikaner wie Demokraten rechnen mit einem erbitterten Wahlkampf bis zur Wahl des US-Präsidenten am 2. November. Schon einmal war ein demokratischer Politiker mit besten Aussichten auf die Präsidentschaftskandidatur wegen einer Affäre gestolpert. 1988 musste der charismatische Gary Hart, der als "neuer Kennedy" gerühmt wurde, wegen eines amourösen Abenteuers mit einer Schauspielerin aufgeben.

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Laszlo Trankovits/DPA