Die Ampel-Koalition streitet darüber, wie der Verkehr klimafreundlich werden soll. Vor allem ein Thema sorgt für heftigen Streit zwischen FDP und Grünen – der Ausbau von Autobahnen. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) will Verkehrsprojekte beschleunigen. Die Grünen treten auf die Bremse. Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) will verhindern, dass neue Autobahnen gebaut werden und der Umweltschutz dafür auf der Strecke bleibt. Eine Einigung ist nicht in Sicht. Da konnte auch ein Koalitionsausschuss nicht helfen. Steckt die Verkehrswende also im Stau? Über diese Frage diskutierte die Talkrunde bei "Anne Will".
Zu Gast bei "Anne Will":
- Ricarda Lang – Bundesvorsitzende (Bündnis 90/Die Grünen)
- Christian Dürr – Vorsitzender der Bundestagsfraktion (FDP)
- Thorsten Frei – Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion (CDU)
- Katja Diehl – Autorin, Podcasterin, Beraterin mit Schwerpunkt Mobilität
- Robin Alexander – stellvertretender Chefredakteur "Die Welt"
Für Ricarda Lang steht fest: Neue Autobahnen heizen die Klimakrise weiter an. Die Grünen-Chefin will Prioritäten setzen: "Wenn ich alles priorisiere, priorisiere ich gar nichts." Der FDP-Politiker Christian Dürr hat andere Ziele. Immer wieder erläutert er, dass man schneller werden müsse beim Ausbau der Infrastruktur. Seine Partei wolle mehr Tempo – "anders als andere Parteien". Damit will Dürr andeuten, dass es die Grünen sind, die gerade die Verkehrswende ausbremsen.
Was ist die Lösung für klimafreundlichen Verkehr?
Deutschland wird mit der aktuellen Verkehrspolitik seine Klimaziele für 2030 vermutlich verfehlen, doch die FDP will mehr Autobahnen bauen. Wie soll der Verkehr nun klimafreundlicher werden? Christian Dürr glaubt, dass sogenannte "E-Fuels" – synthetische Kraftstoffe, die mit Strom aus erneuerbaren Energien, Wasser und CO2 erzeugt werden – die Lösung sind. Ricarda Lang kann da nur mit dem Kopf schütteln. "Wir müssen gucken, mit welcher Ernsthaftigkeit wir die Debatte führen", sagt die Grünen-Politikerin. Sie wirft der FDP vor, die Verkehrswende auszubremsen, indem die Partei alles ablehne und stattdessen neue Technologien als Ausrede nutze, die maximal ein kleiner Teil der Lösung seien.
Wie kann die Verkehrswende dann gelingen? Ricarda Lang fordert drei Maßnahmen: "Umweltschädliche Subventionen" wie zum Beispiel das Dienstwagen-Privileg sollen abgeschafft werden. Stattdessen soll es ein Tempolimit auf Autobahnen geben und massive Investitionen in den Schienenverkehr. Für Christian Dürr von der FDP klingt das nach keinem guten Plan. Das sieht CDU-Politiker Thorsten Frei ganz ähnlich und wirft Lang vor, "belehrend" zu klingen.
FDP und Grüne – gegeneinander statt miteinander
Für den Zuschauer dürfte klar sein: FDP und Grüne sind in der Verkehrspolitik weit voneinander entfernt. Daran ändert auch nichts, dass sich Ricarda Lang und Christian Dürr in der Talkshow zwischenzeitlich duzen und mit dem Vornamen ansprechen. "Welt"-Journalist Robin Alexander fasst zusammen: "Es ist kein gemeinsamer Plan zu erkennen." Es wirke so, als seien die Grünen gegen das Auto und die FDP dafür. "Die Politik führt ein Theater auf, das bei den Menschen gar nicht da ist."
Bei all den Diskussionen zwischen FDP und Grünen bleibt die Frage, was denn die größte Fraktion der Bundesregierung zu sagen hat. Der Standpunkt der SPD in dieser Debatte spielte bei "Anne Will" jedenfalls keine Rolle. Auch über den Bundeskanzler wurde kaum ein Wort verloren. Dabei dürfte es durchaus interessant sein, ob und wann Olaf Scholz (SPD) ein Machtwort spricht im Streit um die Verkehrswende.