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Razzia in Florida Dokumente gehortet: Wenn Trump verurteilt werden würde, könnte er dann trotzdem wieder Präsident werden?

Im Visier der Justiz: Donald Trump soll Unterlagen aus dem Weißen Haus in seinem Wohnsitz Mar-a-Lago gelagert haben
Im Visier der Justiz: Donald Trump soll Unterlagen aus dem Weißen Haus in seinem Wohnsitz Mar-a-Lago gelagert haben
© Brandon Bell / Getty Images
Donald Trump soll Unterlagen aus dem Weißen Haus mitgenommen und in seinem Anwesen Mar-a-Lago aufbewahrt haben. Sollte er deswegen angeklagt und verurteilt werden, wäre eine erneute Präsidentschaftskandidatur ausgeschlossen — oder nicht?

Auch wenn er seine Kandidatur noch nicht öffentlich verkündet hat, Donald Trump lässt seit Wochen immer wieder durchblicken, dass er 2024 wieder in das Rennen um die Präsidentschaft einsteigen will. Doch nachdem das FBI am vorvergangenen Montag das Anwesen des 76-Jährigen in Palm Beach, Florida durchsucht hat, weil er dort geheime Unterlagen aus dem Weißen Haus gehortet haben soll, stellt sich die Frage: Könnte er auch Antreten, wenn er wegen der Vorwürfe verurteilt werden würde?

Was wird Donald Trump vorgeworfen?

Um eine Antwort darauf zu finden, muss man zunächst einen Blick auf die Gründe für die Razzia der US-Bundespolizei werfen. Das Justizministerium hat es bislang abgelehnt, sich dazu zu äußern. Der Durchsuchungsbeschluss, der Voraussetzung für die FBI-Aktion war, impliziert jedoch, dass eine strafrechtliche Untersuchung im Gange ist. Und die Veröffentlichung dieses richterlichen Beschlusses sowie einer Liste der beschlagnahmten Dokumente vor wenigen Tagen hat gezeigt, dass gegen Trump wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Spionagegesetz und möglicher Behinderung der Justiz ermittelt wird.

Der Liste zufolge waren unter den sichergestellten Papieren Unterlagen, die als "streng geheim", "geheim" und "vertraulich" eingestuft waren. Einige Dokumente trugen sogar eine Kennzeichnung, wonach sie nur in sicheren Regierungseinrichtungen eingesehen werden dürfen.

Die Ermittlungen zu Trumps Umgang mit den Dokumenten aus dem Weißen Haus laufen noch und der Republikaner ist bislang nicht angeklagt worden. In dem Durchsuchungsbeschluss werden jedoch mögliche Verstöße gegen mehrere US-Gesetze aufgeführt. Dies sind die Verstöße sowie die möglichen Strafen im Falle einer Anklage:

Verstoß gegen das Anti-Spionagegesetz

Der Durchsuchungsbeschluss beruft sich unter anderem auf das Strafgesetzbuch Artikel 18, Abschnitt 793, der Teil des Anti-Spionagegesetzes ist. Der darin aufgeführte Straftatbestand betrifft das "Sammeln, Übermitteln oder Verlieren von Verteidigungsinformationen". Wird Trump wegen eines Verstoßes gegen das Anti-Spionagegesetz angeklagt, droht ihm mindestens eine Geldstrafe, maximal eine Haftstrafe von zehn Jahren.

Unterschlagung von Dokumenten

Des Weiteren verweist der Durchsuchungsbeschluss auf Artikel 18, Abschnitt 2071 des Strafgesetzbuches. Dem Gesetz zufolge begeht eine Straftat, wer Regierungsdokumente vorsätzlich und unrechtmäßig verbirgt, entfernt, verstümmelt, verfälscht oder zerstört. Die Bestimmung ist nicht auf Verschlusssachen beschränkt.

Verstöße gegen Artikel 18, Abschnitt 2071 können mit einer Geldstrafe von bis zu 2000 Dollar und einer Gefängnisstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden. Außerdem sieht das Gesetz vor, dass Verurteilte, die ein Bundesamt bekleiden, dieses Amt "einbüßen" und von der Ausübung jeglicher Bundesämter ausgeschlossen werden sollen.

Behinderung der Justiz

Trump könnte möglicherweise auch aufgrund von Verstößen gegen Artikel 18, Abschnitt 1519 des Strafgesetzbuches wegen Justizbehinderung angeklagt werden. Das Gesetz stellt die "Zerstörung, Veränderung oder Fälschung von Aufzeichnungen aus Ermittlungen des Bundes und Konkursen" unter Strafe. Bei einem Schuldspruch müsste der 76-Jährige mit bis zu 20 Jahren Haft rechnen und/oder einer Geldstrafe von bis zu 5000 Dollar.

Interessant in Hinblick auf eine mögliche erneute Präsidentschaftskandidatur von Trump ist natürlich die Bestimmung in Abschnitt 2071, wonach wegen Verstößen gegen dieses Gesetz Verurteilte von der Ausübung jeglicher Bundesämter ausgeschlossen werden sollen. Auf den ersten Blick scheint die juristische Lage klar: Sollte der ehemalige Präsident wegen eines dort aufgeführten Straftatbestandes angeklagt und schuldig gesprochen werden, kann er nicht mehr zurück ins Amt.

Doch tatsächlich ist die Situation komplizierter.

In der amerikanischen Verfassung sind drei Voraussetzungen aufgeführt, die Präsidentschaftskandidaten zu erfüllen haben:

  • Sie müssen gebürtige US-Bürger sein
  • Sie müssen seit mindestens 14 Jahren in den USA leben
  • Sie müssen mindestens 35 Jahre alt sein

Der vom US-Kongress beschlossene Abschnitt 2071 würde diesen drei Voraussetzungen quasi eine vierte hinzufügen. Nämlich, dass Präsidentschaftskandidaten nicht wegen eines Verstoßes gegen das Gesetz verurteilt worden sein dürfen. Und das wäre juristisch in hohem Maße anfechtbar, da die Verfassung über allen anderen Bestimmungen steht, wie zahlreiche Rechtsexperten gegenüber US-Medien und in Kommentaren deutlich machen.

"Wir werden Rechtsstreitigkeiten bis hin zum Obersten Gerichtshof erleben, wenn dies bei den Wahlen 2024 ein Thema wird", zitiert die Zeitung "USA Today" Neama Rahmani, eine ehemalige Bundesstaatsanwältin. Und Rick Hasen, Wahlrechtsexperte an der Universität von Kalifornien in Los Angeles, schreibt in seinem Blog: "Dieses Gesetz kann nicht die Verfassung übertrumpfen, in der die ausschließlichen Qualifikationen für das Amt des Präsidenten festgelegt sind. Dies ist also kein Weg, um Trump rechtlich die Möglichkeit zu nehmen, für das Amt zu kandidieren."

Sein Kollege an der UCLA, der Rechtsprofessor Eugene Volokh, ist ebenfalls "ziemlich zuversichtlich", dass ein Wahlausschluss Trumps auf Basis des Gesetzes einer Anfechtung nicht standhalten würde. "Ich glaube nicht, dass Trump durch dieses Gesetz als Präsident disqualifiziert werden kann", sagte er der "USA Today". "Der Grund dafür ist, dass der Oberste Gerichtshof im Wesentlichen gesagt hat, dass die verfassungsmäßigen Kriterien für die Wählbarkeit die ausschließlichen Kriterien sind."

Zum gleichen Schluss kommt auch MSNBC-Kolumnistin Jessica Levinson unter Hinweis auf ein Urteil des Supreme Court aus dem Jahr 1969. Demnach durfte damals ein gewähltes Mitglied des Repräsentantenhauses, das die verfassungsmäßigen Voraussetzungen für das Amt erfüllte, nicht durch eine Abstimmung seiner Kongresskollegen ausgeschlossen werden. Damit habe das höchste US-Gericht angedeutet, dass der Kongress den verfassungsmäßigen Qualifikationsregeln keine weiteren Anforderungen hinzufügen kann, schlussfolgert Levinson.

Merrick Garland, Justizminister der USA, spricht vor Journalisten

Auch wenn Trump wegen eines anderen durch die Razzia aufgedeckten Straftatbestandes verurteilt werden würde — oder im Rahmen eines der zahlreichen weiteren Prozesse, die der Ex-Präsident am Hals hat — würde ihn das nicht zwangsläufig stoppen. Verurteilte Verbrecher haben auch früher schon für die Präsidentschaft kandidiert. Lyndon LaRouche wurde 1988 des Steuer- und Postbetrugs schuldig gesprochen und bewarb sich zwischen 1976 und 2004 mehrfach um das höchste Staatsamt, wie das Poynter Institute berichtet. Eugene Debs, der mit einer Antikriegsrede gegen das Anti-Spionagegesetz von 1917 verstoßen hatte, saß sogar in einem Bundesgefängnis, als er 1920 als Sozialist für das Weiße Haus kandidierte. Debs' Unterstützer verteilten damals Wahlkampfbuttons für den "Gefangenen 9653". Gewählt wurde allerdings keiner von ihnen.

Quellen: "USA Today"MSNBC, "New York Times"Poynter Institute, "Washington Examiner"Rick Hasen

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