Eine 17-Jährige, eine 84-Jährige, drei weitere über 70-jährige Frauen: Nach anderthalb Monaten sind am Dienstagabend zehn von der radikalislamischen Hamas verschleppte Geiseln aus dem Gazastreifen freigekommen. Die meisten der Frauen entführten die Islamisten im Kibbuz Nir Oz. Insgesamt hat die Hamas seit Beginn der Feuerpause am Freitag 60 israelische Frauen und Kinder freigelassen. Was über die zehn Freigelassenen vom Dienstag bekannt ist:
Mia Leimberg (17 Jahre), ihre Mutter Gabriela (59 Jahre) und ihre Tante Clara (62 Jahre)
Mia Leimberg aus Jerusalem war die jüngste Geisel, die am Dienstag freigelassen wurde - und die erste. Zum Auto des Roten Kreuzes wird der Teenager medienwirksam von zwei Hamas-Kämpfern geführt. Auf dem Arm trägt das Mädchen, das gerne singt und normalerweise in Jerusalem ein künstlerisches Gymnasium besucht, ihre kleine Hündin Bella - die offenbar samt ihrer Besitzerin von den Islamisten verschleppt worden war.
Mia und ihre Mutter Gabriela besuchten im Kibbuz Nir Jitzchak ihre Tante Clara und deren Partner Luis Har sowie Fernando Marman, den Bruder von Clara und Gabriela. Die beiden Männer werden noch immer von der Hamas als Geiseln festgehalten. Die Familie, israelisch-argentinische Doppelstaatler, hatte sich im Schutzraum des Hauses verschanzt, als die Hamas den Kibbuz überfiel.
Ditza Heiman (84 Jahre)
Die fünffache Urgroßmutter, die am liebsten ihre Großfamilie bekocht und früher als Sozialarbeiterin tätig war, war allein in ihrem Haus im Kibbuz Nir Oz und hatte sich in dessen Schutzraum geflüchtet, als Hamas-Kämpfer sie heraus in ein Auto zerrten. Die von der Hamas gefilmten Aufnahmen von der Entführung und der Augenzeugenbericht eines Nachbarn waren bis zu Ditzas Freilassung am Dienstag das einzige Lebenszeichen, an das sich die Familie klammerte.
Tamar Metzger (78 Jahre)
Tamar Metzger, deren Familie aus dem Jemen stammt, wurde zusammen mit ihrem 80-jährigen Ehemann Joram aus dem gemeinsamen Haus in Nir Oz entführt. "So weit, so gut", hatte der Großvater am 7. Oktober um 8.50 Uhr einer seiner Enkelinnen geschrieben. Dann verstummte er. Ein Lebenszeichen erhielten die Angehörigen erst am 23. Oktober: Die an dem Tag von der Hamas freigelassene Geisel Jocheved Lifschitz berichtete, das Paar im Gazastreifen gesehen zu haben. Joram ist noch immer in der Gewalt der Hamas.
Ofelia Roitman (77 Jahre)
Die Argentinierin Ofelia Roitman wanderte 1985 nach Israel ein. Seitdem lebte sie in Nir Oz, wo sie 20 Jahre lang an einer Grundschule unterrichtete. Am 7. Oktober brach der Kontakt zu ihr kurz vor 10.00 Uhr ab. Als Stunden später israelische Soldaten eintrafen, deutete alles darauf hin, dass Ofelia entführt worden war.
Ada Sagi (75 Jahre)
Die Tochter polnischer Holocaust-Überlebender lernte Arabisch, um sich mit ihren palästinensischen Nachbarn verständigen zu können, und unterrichte auch andere in der Sprache. Seit dem Tod ihres Mannes lebte die Asthma-Kranke allein in Nir Oz. Im Oktober wollte sie ihren Sohn Noam in London besuchen, um mit ihm ihren 75. Geburtstag zu feiern. Nachdem Noam zuletzt am Morgen des 7. Oktober mit seiner Mutter gesprochen hatte, erkannte er den Garten seiner Mutter später auf einem online geteilten Hamas-Video wieder.
Noralin Agojo (60 Jahre)
Die Philippinerin Noralin Agojo aus der Stadt Jehud bei Tel Aviv war zusammen mit ihrem Partner Gideon Babani zu Besuch bei Freunden im Kibbuz Nirim, als die Hamas sie entführte und ihren Partner tötete. Agojo, die auch die israelische Staatsbürgerschaft besitzt, züchtet gerne Kakteen und Blumen.
Meirav Tal (53 Jahre)
Meirav Tal wurde aus Nir Oz verschleppt - zusammen mit ihrem Freund Jair, dessen zwei ebenfalls verschleppte Söhne Jagil (zwölf Jahre) und Or (16 Jahre) am Montag von der Hamas freigelassen worden waren. Einen Tag nach dem Überfall stießen die Angehörigen des Paares auf ein Video, auf dem zu sehen war, wie die bewaffneten Angreifer die Tür des Schutzraums mit Granaten aufsprengen.
Rimon Kirscht (36 Jahre)
Rimon Kirscht und ihr 34-jähriger Mann Jagev Buchstab wurden aus dem Kibbuz Nirim entführt. Die junge Frau, die Tiere liebt und sich mit alternativen Heilmethoden auskennt, schickte am 7. Oktober um 8.30 Uhr eine letzte Sprachnachricht an ihre Mutter. Darauf sind neben ihrer völlig verängstigten Stimme Schüsse und Schreie auf Arabisch zu hören.