Deutschland muss wie alle großen EU-Staaten den Sparplan zum Abbau der stark gestiegenen Staatsverschuldung nachbessern. Die EU-Kommission kritisierte am Mittwoch in Brüssel, die deutsche Konsolidierungsstrategie ab 2011 sei völlig unklar. Die Haushaltslage könne sich schlechter entwickeln als geplant und das Sparziel eines Defizits von weniger als drei Prozent bis 2013 verfehlt werden. Auch Spanien, Frankreich und Italien haben nach dem Prüfbericht der Kommission noch nicht genug Sparmaßnahmen beschlossen. Großbritannien, wo das Defizit mit 12,7 Prozent genauso so hoch ist wie im krisengeschüttelten Griechenland, will sich gar nicht an die Vorgabe der EU halten, 2015 die Defizitgrenze des Stabilitätspakts wieder einzuhalten.
Derzeit liegen in fast allen 27 EU-Staaten die Defizite wegen der Schuldenexplosion in der Wirtschaftskrise über der Schwelle des Stabilitätspakts von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Im Rahmen der Verfahren gegen übermäßige Defizite gibt die Kommission Empfehlungen zur Haushaltspolitik ab, über die die EU-Finanzminister entscheiden.
Für den deutschen Sparplan machte die Kommission vier Risikofaktoren aus. So seien noch nicht genug Sparmaßnahmen für die Jahre nach 2010 festgelegt. Die geplanten Steuersenkungen müssten mit Ausgabenkürzungen finanziert werden. Die Umsetzung der Schuldenbremse auf Länderebene sei nicht sichergestellt. Das Wachstum könnte außerdem geringer ausfallen als mit jährlich zwei Prozent ab 2011 prognostiziert. "Der Konsolidierungspfad ab 2011 wird durch keinerlei konkrete Maßnahmen gestützt", kritisierte die Kommission. Die Bundesregierung habe auch nicht darüber informiert, wie sie vereinbarte Steuersenkungen durch Ausgabenkürzungen auffangen wolle. Sowohl der Sparplan als auch die Umsetzung der Schuldenbremse müssten konkretisiert werden. Eine zentrale Herausforderung sei, das Wachstumspotenzial durch eine Stärkung der Inlandsnachfrage zu erhöhen.
Die Bundesregierung hatte nach Brüssel für dieses Jahr ein Defizit von 5,5 Prozent des BIP gemeldet. Die Konsolidierung soll 2011 beginnen, so dass 2013 der Stabilitätspakt wieder eingehalten würde. Der Schuldenstand soll bis 2013 auf 82 Prozent steigen, erlaubt sind nach dem Pakt nur 60 Prozent. Die Kommission schließt weitere Finanzhilfen für Banken in Deutschland nicht aus, die die Schuldenquote, wenn auch nicht das Defizit, weiter nach oben treiben würde.
Frankreich und Spanien, wo die Lage mit rund acht und zehn Prozent deutlich schlechter als in Deutschland ist, warnte die Kommission, sich auf zu optimistische Wachstumsprognosen zu verlassen. In Spanien gefährde außerdem die zu langsame Restrukturierung der Banken das Wachstum. An Großbritannien gehe eine "Einladung", das Defizit bis 2015 unter drei Prozent zu senken. Bisher plant die Labour-Regierung, die vor Wahlen steht, bis dahin eine Neuverschuldung von 4,7 Prozent. Doch auch das ist nach Einschätzung der Kommission bisher nicht zu erreichen.