Wie ist die Lage in Spanien?
Spanien ist, zum zweiten Mal seit 2009, in einer tiefen Rezession. Die Arbeitslosenquote liegt bei 24,6 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit in vielen Regionen schon über 40 Prozent. Außerdem setzt das Sparprogramm den Menschen zu. In den kommenden Jahren will die Regierung die Mehrwertsteuer erhöhen, andererseits Stellen im öffentlichen Dienst abbauen und das Arbeitslosengeld kürzen. So sollen 65 Milliarden Euro eingespart werden. Ein weiteres Problem: Schwarzarbeit und Vetternwirtschaft, die geschätzte 23 Prozent des Bruttoinlandproduktes ausmachen.
Warum hat Spanien Hilfe für seine Banken beantragt?
2009 brach in Spanien - wie in allen anderen Krisenländer - der Immobilienmarkt ein. Gleichzeitig verloren viele Haus- und Wohnungsbesitzer, die sich bis über beide Ohren verschuldet hatten, ihren Job und konnten die Kredite nicht mehr bedienen. Deswegen kamen spanische Banken in massive Schwierigkeiten. Die Regierung organisierte ein Hilfspaket über 100 Milliarden Euro – aber es reichte nicht. Deshalb wandte sich Spanien an die EU.
Wie viel Geld soll Spanien erhalten?
Die EU-Finanzminister sind bereit, für Spanien bis zu 100 Milliarden Euro für die Bankenrettung zur Verfügung zu stellen. Der tatsächliche Bedarf dürfte laut Experten bei 60 Milliarden Euro liegen. Eine erste Rate soll Spanien im Juli erhalten, den größten Teil des Geldes bis Ende 2012. Kreditgeber ist der Euro-Rettungsfonds EFSF (Europäische Finanzstabilisierungsfazilität), später der neue, dauerhafte Rettungsschirm ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus). Die Deutschen übernehmen Garantien für die Kredite – und zwar in Höhe von knapp 30 Milliarden Euro.
Riskiert Deutschland Steuergeld?
Die Hilfsmaßnahmen sind mit strengen Auflagen verbunden. Diese sind in einem "Memorandum of Understanding" festgehalten und beschreiben, wie der marode spanische Bankensektor zu restrukturieren ist. Die EU-Kommission und der Rat sollen Auflagen und Verfahren überwachen. Das Problem: Der Kredit wird ohne „bevorrechtigten Gläubigerstatus“ ausbezahlt. Heißt konkret: Geht Spanien pleite, müssen sich die Kreditgeber hinten anstellen, um ihr Geld einzutreiben – und bekommen es womöglich nicht. Das ist ein Risiko, auch für die deutschen Steuerzahler. Worst case wäre 30 Milliarden Euro los.
Haftet der spanische Staat?
Ja. Denn: Der Staat (Spanien) stellt den Antrag auf Rekapitalisierungshilfe für seine Banken. Die Finanzhilfen werden an staatlichen Rettungsfonds "Fondo de Restructuración Ordenada Bancaria" (FROB) als Bevollmächtigten der Regierung überwiesen. Der FROB reicht das Geld Mittel an die abgebrannten Banken weiter, muss aber über die Verwendung der Mittel Rechenschaft ablegen - gegenüber der EU-Kommission und Beratern der Europäischen Zentralbank. "Der Staat beziehungsweise der FROB als sein Bevollmächtigter nimmt das Geld entgegen, und der Staat haftet. Das ist absolut glasklar.", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.
Stemmt die schwarz-gelbe Koalition die Kanzlermehrheit?
Dem Antrag Spaniens müssen die Euro-Länder zustimmen, in Deutschland ist der Bundestag zuständig. Bei der Abstimmung würde die einfache Mehrheit reichen – und mehr strebt die schwarz-gelbe Koalition offiziell auch nicht an. Die symbolisch wichtige Kanzlermehrheit hat Angela Merkel faktisch schon abgeschrieben, zumal bei den ihr in den vorangegangenen Abstimmungen zum ESM Rettungsschirm und Fiskalpakt bis zu 26 Abgeordnete aus den eigenen Reihen ihr die Stimme verweigert haben. Das bedeutet: Die Regierung kann sich nicht mehr nur auf die eigenen Stimmen verlassen. Sie braucht die Opposition.
Wie steht die Opposition zur Finanzhilfe?
Die Sozialdemokraten haben signalisiert zuzustimmen. Trotzdem: Thomas Oppermann, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion, warnte die Kanzlerin davor, sich bei der Spanien-Hilfe blind auf seine Partei zu verlassen. In einer solch elementaren Frage müsse Merkel die eigene Kanzlermehrheit schaffen. Weniger verhandlungsbereit zeigen sich die Grünen: Sie sehen im Rettungsplan noch allerhand Fehler - und stellen Bedingungen. Sie wollen etwa Kapitalgeber der Banken stärker als vorgesehen in die Pflicht nehmen und fordern härtere Regeln bei der Auflösung von bankrotten Banken.
Was kostet die Sondersitzung des Bundestages?
Die Bundestagsverwaltung gibt dazu keine Auskunft – es liegen nicht einmal Schätzungen vor. Aber billig ist eine solche Sondersitzung nicht. Die Abgeordneten reisen von ihren Urlaubsorten an (und wieder zurück), die Kosten dafür übernimmt der Steuerzahler.