Noch ist der Postenschacher in den Koalitionsgesprächen nicht eröffnet. Klar ist bisher nur, dass Olaf Scholz Bundeskanzler werden soll, und dass sich Grünen-Chef Robert Habeck und FDP-Vorsitzender Christian Lindner um das Finanzministerium reißen. Wenig überraschend: Beide Parteien werben jeweils für ihren Mann.
Unterdessen rückt eine grundsätzliche Frage zur Postenverteilung in den Fokus. Olaf Scholz war mit dem Versprechen in den Wahlkampf gegangen, eine Regierung bilden zu wollen, in der die einzelnen Ressorts je zur Hälfte mit Frauen und Männern besetzt ist. Dafür gab es keinen Widerspruch, doch was bedeutet das konkret für die künftigen Partner in einer Ampel-Koalition. Muss jede der Parteien ihre Posten paritätisch besetzen?
Parität im Kabinett: FDP beschäftigt sich nicht damit
Grünen-Chefin Annalena Baerbock ist dieser Auffasung. Alle drei Partner der möglichen Ampel-Koalition seien in der Pflicht, für Geschlechtergerechtigkeit im künftigen Kabinett zu sorgen. Parität "im Bundestag oder auch in einer Regierung wird es nicht geben, wenn sich nur eine Partei darum kümmert", sagte sie dem Hamburger Nachrichtenmagazin "Spiegel". "Das ist Aufgabe der gesamten Regierung und muss sich da widerspiegeln."
Die FDP fühlt sich allerdings keineswegs zuständig. Partei-Chef Lindner sagte, seine Partei habe sich damit nicht beschäftigt. Sein Vize Wolfgang Kubicki sprach sich gegen eine "starre Quotenregelung" aus. Diese sei "kontraproduktiv, weil sie Menschen auf äußere Merkmale" reduziere. Und auch Vorstandsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann gab am Montag in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe zu Protokoll, dass die fachliche Kompetenz wichtiger sei als die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht, obwohl sie einräumte: "Wenn man die gesellschaftliche Realität im Kabinett abbilden möchte, macht es natürlich Sinn, Minister und Ministerinnen gleichermaßen im Kabinett zu haben."
Walter-Borjans: Besprechen, ob Parität für Gesamtpaket gilt
Das Abbilden dieser gesellschaftlichen Realität hat bei den Liberalen offenkundig also keine Priorität. Baerbock sieht das wenig überraschend völlig anders: "Eine Regierung des Fortschritts sollte sich natürlich nicht am letzten Jahrhundert orientieren." Gleichberechtigung und die gesellschaftliche Vielfalt sollten auch bei der Kabinettsbildung selbstverständlich sein.
SPD-Vorsitzender Norbert Walter-Borjans bekräftigte im "ZDF-Morgenmagazin" die Aussage von Kanzlerkandidat Olaf Scholz, dass die Hälfte des Kabinetts mit Frauen besetzt sein soll. "Die Aussage von Olaf Scholz steht." Auf die Frage, ob die SPD mehr Frauen entsende, wenn etwa die FDP nur Männer ins Kabinett schicke, sagte der SPD-Chef, die Partner bestimmten selbst, wen sie entsenden. Man müsse aber darüber reden, ob die Parität für das "Gesamtpaket gilt, oder für uns selbst". Von den Grünen war zuletzt zu hören, dass man nicht dazu da sei, etwaige Versäumnisse bei der Berufung von Ministerinnen bei den beiden anderen Parteien auszugleichen.